Klarer Wahlsieger

Lesedauer: 8 Minuten

Die vorläufigen Ergebnisse der beiden Landtagswahlen vom 14. März lassen einige Parteien enttäuscht zurück. Woran sich die SPD schon lange gewöhnt hat, traf die CDU nun mit voller Härte. Im Südwesten fuhr sie zeitgleich zweimal die schwächsten Ergebnisse ihrer Geschichte ein. Währenddessen freuen sich andere über das schwächliche Ergebnis der AfD. Dass davon vor allem das Nichtwählerlager profitiert, scheinen viele zu übersehen.

Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz sind mit einem eindeutigen Ergebnis zu Ende gegangen: Die bisherigen Regierungschefs wurden bestätigt, viele andere Parteien abgestraft. In Rheinland-Pfalz kann Malu Dreyer wohl bequem in der Ampelkoaliton weiterregieren. Das letzte Wort ist in Baden-Württemberg hingegen noch nicht gesprochen. Winfried Kretschmann kann sich aussuchen, ob er die geschäftsführende Große Koalition weiterführt oder ob er sich ebenfalls auf das Experiment Ampel einlässt. In beiden Bundesländern fuhr die CDU ein desaströses Ergebnis ein. Besonders im Ländle dürfte das die Konservativen schmerzen. Immerhin haben sie dort zweitweise ohne Koalitionspartner mit einer absoluten Mehrheit regiert. Doch diese Zeiten sind lange vorbei.

Klatsche für Rechts

Wenig Grund zur Freude hatte bei der Wahl auch die AfD. Man gab sich in Interviews zwar gewollt locker und redete das Ergebnis schön, an der Realität ändert das aber wenig: Die AfD hat ordentlich an Wählern verloren. Die Zweistelligkeit ist in beiden Bundesländern dahin. Als sich an diesem Wahlabend bei den ersten Prognosen die Balken bewegten, da sorgte das schwache Ergebnis der Rechtspopulisten bei vielen wahrscheinlich für Erleichterung. Trotz Pandemiemüdigkeit und einem wachsenden Verdruss in der Bevölkerung gegen die Corona-Schutzmaßnahmen konnte die AfD weit weniger Wähler mobilisieren als noch vor fünf Jahren.

Natürlich ist es ein gutes Zeichen, wenn weniger Menschen auf die Rattenfänger von rechts hereinfallen. Es ist aber schon einer an Blindheit grenzenden Kurzsichtigkeit geschuldet, nun tatsächlich die Sektkorken knallen zu lassen, weil die AfD schwächelt. Der größte Batzen der AfD-Wähler in Baden-Württemberg hat bei der Landtagswahl vor fünf Jahren die gleiche Entscheidung getroffen. Trotzdem verlor die AfD im Vergleich mit den anderen Parteien anteilsmäßig die meisten Wähler an das Nichtwählerlager. Traurige 16,6 Prozent der vorigen AfD-Wähler blieb der Wahl dieses Mal fern. Zum Vergleich: Die FDP rangiert bei diesem Trend mit einem Verlust von 14,3 Prozent auf dem zweiten Platz. Die Grünen verloren zwar 9 Prozent ihrer Wähler an die Nichtwähler, bilden bei dieser Entwicklung aber das Schlusslicht.

Die richtige Entscheidung?

Ein Grund zur Freude ist das mickrige Ergebnis der AfD also bestimmt nicht. Die meisten Abtrünnigen gingen eben nicht zu den anderen Parteien, sondern blieben der heimischen Couch treu. Wer das Wahlergebnis der AfD nun als großen demokratischen Erfolg verkauft, der hat den Bezug zur Realität verloren. Denn mit der sinkenden Zustimmung zur AfD ließ auch die generelle Wahlbeteiligung deutlich zu wünschen übrig.

Die hämische Freude über eine schwache AfD bestärkt die Nichtwähler in ihrer Entscheidung. Anstatt zu bedauern, dass die Wahlverweigerer nicht der eigenen Partei das Vertrauen geschenkt haben, wird die Einstelligkeit der AfD über Gebühr gefeiert. Den Nichtwählern signalisiert das: Eure Stimmen sind uns egal. Hauptsache, ihr wählt nicht die AfD. Die Rechtsaußen-Partei wird hier zum Maßstab des eigenen Wahlerfolgs erhoben.

Ein schwaches Bild

Als Grund für ihr schlechtes Abschneiden äußert die AfD nun gerne eine Schmutzkampagne gegen sie unter Einbeziehung des Verfassungsschutzes. Sollten diese Maßnahmen tatsächlich wahlentscheidend gewesen sein, gibt das ein ziemliches trauriges Bild ab. Die Wählerinnen und Wähler haben der AfD dann angeblich den Rücken gekehrt, weil sie sich von den Hetzereien anderer Parteien beeinflussen ließen oder sich von einer in Teilen offen rechtsextremen Partei distanzieren wollten. Sie hätten ihre Entscheidung gegen die AfD aber nicht getroffen, weil die Programme der anderen Parteien so attraktiv für sie waren. Die starke Wanderung einstiger AfD-Wähler zu den Nichtwählern spricht leider für diese Theorie.

Noch vor einigen Jahren war die Devise der meisten demokratischen Parteien, möglichst viele abgewanderte Wähler von der AfD zurückzugewinnen. Schon damals hatte man übersehen, dass sich die Rechtspopulisten großzügig bei den Nichtwählern bedient hatten. Die Parteien links der AfD haben es aber bis heute nicht vermocht, Stimmen in großer Zahl zurückzugewinnen. Eher noch verscheuchten sie sie unter Beteiligung der AfD endgültig ins Lager der Desinteressierten und Resignierten.

Schaut man in die Wahlprogramme der meisten Parteien, so sind diese überhaupt nicht dazu geeignet, irgendwelche neuen oder alten Wähler für sie zu begeistern. Die angestrebten Ziele der Grünen sind für weite Teile der Bevölkerung schlicht nicht erschwinglich. Sie haben keine Lust, an der einen Stelle tiefer in die Tasche zu greifen, wenn sich ihr Leben an anderer Stelle nicht deutlich verbessert. Die CDU ist besonders in Baden-Württemberg für viele kaum noch wählbar. In der einstigen CDU-Hochburg ist die Partei heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. Saft- und kraftlos mogelte sie sich durch den Wahlkampf. Die Maskenaffäre wird zumindest die Präsenzwähler vor einem Kreuzchen bei der CDU bewahrt haben.

Ein letztes Aufbäumen

Und auch die SPD gibt in Baden-Württemberg keine besonders gute Figur ab. Auch dort gilt sie weiterhin als unglaubwürdige Umfallerpartei, von der kein großer Wurf mehr zu erwarten ist. Mit viel Glück schaffen sie es dennoch in die nächste Landesregierung. Aber auch nur dann, wenn bei den Grünen das Mitleid überwiegt und sie der CDU die nächste Blamage in fünf Jahren ersparen wollen. Der Niedergang der SPD ist im übrigen kein Selbstläufer. Wie erfolgreiche sozialdemokratische Politik gemacht wird, hat Malu Dreyer nun erneut gezeigt. Sie blieb stärkste Kraft in ihrem Bundesland und wird wohl auch die nächste Landesregierung wieder anführen.

Vielen Wählerinnen und Wählern in Baden-Württemberg nützt der sozialdemokratische Erfolg im Nachbarbundesland jedoch wenig. Viele von ihnen hatten der Politik bereits vor vielen Jahren den Rücken gekehrt. Sie waren bereits vor 2016 verloren. Ihre Wahl der AfD vor fünf Jahren war nichts anderes als ein letztes demokratisches Aufbäumen. Damit wollten sie auf sich und ihre Belange ein letztes Mal aufmerksam machen, bevor sie noch tiefer im Nichtwählersumpf versanken.

Keine Wechselstimmung

Die grün-schwarze Politik in Baden-Württemberg ist für einige Menschen im Ländle eher ein Nachteil. Es gibt im Südwesten allerdings keine echte Wechselstimmung. Das liegt zum einen natürlich daran, dass sich viele Wählerinnen und Wähler zu den Nichtwählern verabschiedet haben. Andererseits vermittelt die Große Koalition in Baden-Württemberg ebenso wie im Bund den Eindruck der Alternativlosigkeit. Das angebliche TV-Duell zwischen Kretschmann und Eisenmann Anfang März war im besten Fall ein Werfen mit Wattebäuschen – und selbst das nur streckenweise.

Die Teflonpolitik von Winfrid Kretschmann beraubte die CDU jeglicher Chance, sich abzusetzen und an Schärfe zu gewinnen. Zwischenzeitlich hat sich die CDU in einem Anfall kompletter politischer Selbstaufgabe bereiterklärt, wieder mit den Grünen zu koalieren. Und so zog das Selbstmordkommando fröhlich von dannen…

Kretschmann kann Merkel

Die CDU macht in Baden-Württemberg den gleichen Fehler wie die SPD auf Bundesebene. In beiden Fällen lassen sich die Parteien von einem absolut beliebigen Regierungschef, oder einer Regierungschefin, kaputtregieren. Nach seinem großen Vorbild Angela Merkel passte Kretschmann die Schwäche der CDU 2016 ab, um seine Wunschkoalition zustandezubringen. Anders als bei der SPD im Bundestag sind aus der CDU bislang keine kritischen Stimmen an einer erneuten Regierungsbeteiligung zu hören. Anscheinend sind die Damen und Herren zu sehr mit der Aufarbeitung der Maskenaffäre beschäftigt…

Winfried Kretschmann verfügt aber nicht bloß über den Merkel-Faktor. Auch das Auftreten seines thüringischen Amtskollegen Bodo Ramelow scheint ihn zu inspirieren. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Wahlentscheidung der meisten Grünen-Wähler in Baden-Württemberg maßgeblich mit der Personalie Kretschmann zusammenhing. Der Mann ist einfach gut. Der jüngste ist er aber nicht mehr. Es ist fraglich, ob er auch den Adenauer-Faktor in sich trägt und bei der Landtagswahl in fünf Jahren erneut kandidiert. Alles sieht danach aus, dass er dann freiwillig abtreten wird. Es bleibt zu hoffen, dass er nicht eine ähnliche Alternativlosigkeit zurücklässt wie Merkel im Bund.


Mehr zum Thema:

Abgeschrieben

Teile diesen Beitrag als erstes. Naaa looos!

Ein Pakt mit dem Teufel?

Lesedauer: 9 Minuten

Die politische Lage in Thüringen ist verzwickt. Nach der Landtagswahl im vergangenen Herbst ist keine der herkömmlichen Regierungen mehrheitsfähig. Was nun? Auf dem Zettel steht längst auch eine Kooperation von Linken und CDU. Hat das eine Zukunft? Wenn es nach der CDU-Chefin geht, auf gar keinen Fall. Ihr thüringischer Kollege Mike Mohring ist da offener. Eine Koalition mit der Linkspartei schließt zwar auch er kategorisch aus, in Einzelfällen hält er ein Entgegenkommen aber für denkbar. In Zeiten einer erstarkenden Rechten sind neue Konzepte tatsächlich gefragter denn je.

Gregor Gysi meinte einst: „…zur Abwendung einer faschistischen Gefahr würden wir selbstwahrscheinlich diesen Kompromiss eingehen…“. Das war im Jahr 1999, als Maybrit Illner sowohl ihn als auch die damalige CDU-Generalsekretärin Angela Merkel auf Koalitionsmöglichkeiten zwischen Linkspartei (damals noch PDS) und CDU ansprach. Mit ihrer provokanten Frage war Maybrit Illner ihrer Zeit mit Sicherheit weit voraus. Die Frage nach einer etwaigen Zusammenarbeit zwischen den Linken und den Christdemokraten stellte sich vor über zwanzig Jahren im Grunde nicht. Heute ist das anders. Seit Monaten wird über eine solche Zusammenkunft in Thüringen heiß diskutiert. Vor allem die Haltung vieler CDUler hat sich dazu kaum geändert.

Keine Regierung ohne die Ränder

Eines ist völlig klar: Die Regierungsbildung nach den Landtagswahlen in Thüringen ist gelinde gesagt schwierig. Sowohl Die Linke als auch die AfD sind in dem Freistaat zwischenzeitlich so stark, dass keine Regierung mehr gegen beide Parteien gebildet werden kann. Egal wie man es dreht und wendet – eine der Parteien MUSS an der Regierung beteiligt sein. Es muss jeden mit großer Sorge erfüllen, dass das Spektrum zwischen Linker und AfD keine eigene Mehrheit mehr zusammenbekommt. Selbst eine völlig abstruse Koalition aus CDU, SPD, Grünen und FDP kommt nicht gegen das Wählervotum für Linkspartei und der selbsternannten blauen Alternative an.

Im Prinzip stehen die Zeichen auf Minderheitsregierung. Und natürlich wird das eine Rot-Rot-Grüne sein. Die bisherige Mehrheitsregierung wird ihre Macht nicht an eine schwarz-gelbe Minderheitsregierung abtreten. Ebenso wenig kann eine Minderheitskoalition der „Mitte“ auf Stimmen von links oder von rechts hoffen. Eine Koalition mit der FDP und der AfD ist für die Union in mehrfacher Hinsicht ein Schuss ins eigene Bein. In einer solchen Konstellation wären sie zwar an der Regierung direkt beteiligt, aber nicht regierungsführend. Diesen Job würde dann die AfD übernehmen. Das wäre dann wohl gleichbedeutend mit einem Ministerpräsidenten Höcke. Selbst erzkonservative Mitglieder der Thüringer CDU können das nicht wollen.

Verantwortungsvolles Novum

Um ihrer landespolitischen Verantwortung gerecht zu werden, müssten sich die Abgeordneten der CDU bei der Wahl zum Ministerpräsidenten also wohl oder übel enthalten. Spätestens im dritten Wahlgang wäre Bodo Ramelow dann erneut zum Landeschef gewählt. Was das mit politischem Verantwortungsbewusstsein zu tun hat? Wie alle anderen Parteien ist die CDU zur Landtagswahl angetreten. Sie wurde drittstärkste Kraft. Folglich kann die CDU auch nur die dritte Geige spielen. Damit nehmen sie den Willen der Wähler ernst. Das ist landespolitische Verantwortung.

Und keiner kann danach ernsthaft erwarten, dass die Christdemokraten all zu große Zugeständnisse an Linksaußen macht. Im Gegenteil, als Teil einer Mehrheitsopposition können sie sogar noch besser Einfluss auf die politischen Geschicke in Thüringen nehmen als in den letzten fünf Jahren. Die geschrumpfte Regierung müsste das Veto aus der Opposition wesentlich ernster nehmen. Auch die Damen und Herren aus der Regierung müssten sich ihrer Verantwortung stellen.

Eine Zusammenarbeit zwischen der Linken und der CDU ist im Grunde lange nicht mehr so außergewöhnlich wie sie den Gästen bei Maybrit Illner Ende des letzten Jahrtausends erschien. Auf kommunaler Ebene gibt es in der Zwischenzeit durchaus Kooperationen zwischen den beiden Parteien. Aber Kommune ist eben Kommune. Und Land ist nun mal Land.

Wer mit wem?

Es ist aber beileibe nicht das erste Mal in der demokratischen Geschichte Deutschlands, dass es Koalitionen gab, die zunächst so grotesk und falsch anmuteten. Jamaika mag vor gut zwei Jahren gescheitert sein bevor es losging, andere Zusammenschlüsse hielten länger. Die Große Koalition beispielsweise bündelt die Interessen zweier eigentlich gegensätzlichen Lager. Dass das schon lange nicht mehr so ist, hat verschiedene Gründe. Und auch eine Zusammenarbeit von Sozialdemokratie und Wirtschaftsliberalismus scheint zunächst absurd. Die rot-gelbe Koalition der 1970er hatte dafür aber beachtlich lange Bestand. All diese Konstellationen zeigten, worauf es in einer Demokratie ankommt: Kompromisse und Entgegenkommen.

So vehement wie die Thüringer CDU dieser Tage eine Zusammenarbeit mit Linkspartei und AfD ausschließt, so lauthals wehrten sich in den 1980ern weite Teile des Bundestags gegen eine Kollaboration mit den Grünen. Die grüne Partei war tabu weil unbequem. Das hat sich im Laufe der Jahre geändert. Mehrere Jahre übernahmen die Bündnisgrünen Regierungsverantwortung auf Bundesebene. Die anderen Parteien gaben ihre Abwehrhaltung weitgehend auf. Die Grünen mutieren indes immer mehr zur bürgerlichen Partei.

Solch gravierende Veränderungen sind weder bei Linkspartei noch bei der CDU ernsthaft zu erwarten. Aber was würde denn passieren, wenn die CDU tatsächlich in Einzelfragen mit den Linken stimmen würde? Die Frage ist bestimmt nicht leicht zu beantworten. Aber fest steht schon jetzt: Es ist bereits eine Menge passiert. Immerhin ist in Thüringen eine Koalition ohne die politischen Ränder nicht mehr möglich. Dabei ist natürlich fraglich, ob man Bodo Ramelows Linkspartei ernsthaft noch als linken Rand bezeichnen kann. Die sitzen halt eben nun mal ganz links. Vor der Wiedervereinigung hat auch niemand SPD oder CDU als linken oder rechten Rand bezeichnet.

Auf verschiedenen Seiten

Eine programmatische Annäherung zwischen CDU und Linker wäre wohl nicht zu erwarten. Dafür sind die Parteien in ihrem Weltverständnis zu verschieden. Passieren könnte das schon eher in einer formellen Koalition, wenn sie denn lange halten würde.

Man darf auch nicht vergessen: Bei einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung würden Linke und CDU weiterhin auf verschiedenen Seiten stehen. Die Linke wäre in der Regierung, die Union in der Opposition. Wer sich jetzt fragt, ob sich die beiden Parteien durch einzelne kleine Schlachten annähern könnte, der muss sich nur die Entwicklung der Thüringer CDU der letzten Jahre ansehen. In dieser Zeit befand sich die Partei Seite an Seite mit der AfD in der Opposition. Mit Sicherheit haben diese beiden Parteien auch Anträge gemeinsam abgelehnt. Sind sie sich deswegen wirklich nähergekommen? Ich glaube nicht.

Kooperation um keinen Preis?

In einer gemeinsamen Mehrheitsopposition wäre eine Annäherung zwischen CDU und AfD sogar wahrscheinlicher. Die beiden Parteien könnten sich schließlich noch effektiver zusammentun, um unliebsame rot-rot-grüne Spinnereien abzuschmettern. Die Frage „Heute mit den Linken, was kommt morgen?“ ist daher durchaus legitim. Natürlich würden Teile der CDU dann erst recht eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten befürworten, zumal ein Zusammenschluss gegen Links leichter wäre.

Wie laut dieser Aufschrei besonders konservativer Christdemokraten werden wird, ist allerdings fraglich. Mit Bernd Höcke hat sich die Thüringer AfD schließlich immer weiter vom rechtsstaatlichen Diskurs entfernt. Aber selbst wenn die Thüringer CDU brav Männchen macht – die Frage einer Kooperation mit den Rechtspopulisten wird in andere Bundesländer überschwappen, vermutlich sogar auf Bundesebene.

Andererseits ist der Beschluss des CDU-Parteitags eindeutig: Es wird keine Zusammenarbeit mit Linken und AfD geben. Doch weshalb ist ein solch endgültiger Beschluss überhaupt nötig? Wenn es sich nach CDU-Logik bei beiden Parteien um einen Haufen Verfassungsfeinde handelt, verbietet sich eine Zusammenarbeit dann nicht automatisch? Schließlich gibt es auch keinen Parteitagsbeschluss, der eine Zusammenarbeit mit der NPD ausschließt.

Völlig abwegig

Vielleicht gab es in den vergangenen Jahren ja doch einen Wandel innerhalb der CDU. Vielleicht sehen die Konservativen die Linkspartei heute nicht mehr pauschal als Feindin der Verfassung. Viel eher berufen sie sich auf die gravierenden programmatischen Unterschiede – die wirklich nicht von der Hand zu weisen sind. Und da in der bundesdeutschen Geschichte schon die wildesten Koalitionen trotz Unterschiede zusammentraten, ist der Beschluss auch legitim.

Und der Beschluss ist in der Sache auch richtig. Eine Koalition von Linken und CDU ist und bleibt absurd. Da kann Ramelow seine Genossen noch so sozialdemokratisiert haben. Bei einer solchen Zusammenarbeit würden beide Seiten ihre Seele verkaufen. Besonders konservative CDUler würden flugs zur AfD überlaufen und auch innerhalb der Linkspartei wäre mit enormem Widerstand zu rechnen.

Das Wahlergebnis in Thüringen ist wie es ist. Es liegt an den demokratischen Kräften im Freistaat, wie sie damit umgehen. Pauschale Absagen halte ich in einer solch prekären Situation für grob fahrlässig. Trotzdem will jeder Schritt gut überlegt sein. Spätestens mit einer Höcke-AfD ist der Fall eingetreten, den Angela Merkel 1999 bei Maybritt Illner noch als „abwegig“ bezeichnete: Das Land Thüringen sieht sich mit einer echten faschistischen Gefahr bedroht. Es wird Zeit, umzudenken.


Mehr zum Thema:

Die Dritten werden die Ersten sein

Rechte Strippenzieher

Teile diesen Beitrag als erstes. Naaa looos!