Züge von gestern, Mobilität für morgen

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Die Zukunft der Mobilität liegt auf der Schiene. Der Traum vieler Klimafreunde wird mit der Deutschen Bahn leider noch lange Utopie bleiben. Verspätete Züge, Fahrtausfälle und Weichenstörungen gehören leider immer noch zum Alltag bei dem traditionsreichen Unternehmen. Es ist erfrischend, dass die Bahn mit dem FlixTrain nun Konkurrenz bekommen hat. Bisher machen die recycelten Züge vor, wie es eigentlich laufen sollte: pünktliche Abfahrten, guter Service und keine überfüllten Züge. FlixTrain ist auf der Schiene lange nicht so erprobt wie die Deutsche Bahn, doch schon heute ziehen viele die grüne Alternative dem Großkonzern allein schon aus preislicher Sicht vor. Die DB zeigt sich bisher wenig flexibel – und wird damit ihrem eigenen Anspruch als zukunftsorientiertes Unternehmen nicht gerecht.

Konkurrenz auf der Straße

Seit fast zehn Jahren hat die Deutsche Bahn einen ernstzunehmenden Konkurrenten. Verschiedene Fernbusunternehmen sorgen nämlich seit 2013 für mehr Mobilität auf deutschen Straßen. Seitdem erlebte der Busverkehr eine regelrechte Renaissance. Vorbei waren die Zeiten, als man sich zu viert oder gar zu fünft in einen viel zu kleinen PKW zwängte, weil man sich die hohen Fahrkartenpreise für die Schiene nicht leisten konnte. MeinFernbus, FlixBus und Co. versprachen ausreichend Beinfreiheit und großzügige Möglichkeiten, das Gepäck zu verstauen – und das für einen überraschend kleinen Preis.

Seitdem sind besonders die Fernbusrouten in Studentenstädte beliebt. Die Studis können unkompliziert für ein Wochenende in die Heimat und wieder zurückfahren, ohne dabei ein kleines Vermögen hinblättern zu müssen. Die einstigen Preise von teilweise unter 5 Euro konnten die Unternehmen zwar nicht halten, trotzdem macht sich der Unterschied zwischen Bahn und Fernbus deutlich im Geldbeutel bemerkbar. Hin- und Rückfahrt sind in vielen Fällen weiterhin günstiger als ein One-Way – Ticket mit dem Zug.

Alternative in Grün

Zugegeben, die Abfahrtszeiten mancher Fernbuslinien lassen doch zu wünschen übrig. Mancheiner muss sich zu unchristlich frühen Zeiten aus dem Bett quälen, um den einzigen Bus des Tages zu erwischen. Mit der Bahn ist man da schon flexibler. Trotzdem rechtfertigt das noch lange nicht den mitunter gewaltigen preislichen Unterschied bei den Tickets.

Mittlerweile beherrscht FlixBus den Fernbusmarkt nahezu alleine. Die übrigen großen Unternehmen der Branche hat der Mobilitätsriese im Laufe der letzten Jahre entweder aufgekauft oder in die Insolvenz getrieben. FlixBus und Fernbus werden heute synonym verwendet.

Das Imperium von FlixBus hat inzwischen sogar die Schiene erreicht. Mit dem FlixTrain reisen die Passagiere seit einiger Zeit noch unkomplizierter und schneller zwischen den Metropolregionen der Nation. Auf den ersten Blick macht der neue Eisenbahnbetrieb jedoch nicht viel her. Die Fahrten werden mit ausrangierten Wägen der DB durchgeführt. Entsprechend in die Jahre gekommen sind die Züge auch. Die Türen sind mehr als gewöhnungsbedürftig, es gibt keine Klimaanlage und auch Steckdosen oder ein W-Lan – Passwort sucht man vergebens.

Beim Fahrterlebnis kann die Deutsche Bahn jedoch nicht mithalten: Die Fahrten des FlixTrain sind fast immer pünktlich, die Ansagen erfolgen zuverlässig und sind verständlich. Doch der FlixTrain verfügt über einen weiteren gewaltigen Vorteil. Wenn alle Sitzplätze gebucht sind, werden keine weiteren Fahrkarten mehr verkauft. Damit stellt das Unternehmen sicher, dass Fahrten nicht überbucht oder überfüllt sind. Jedem Passagier wird ein Sitzplatz zugewiesen. Schlangen- und Grüppchenbildung in den Gängen und in den Türbereichen gibt es nicht.

Ein zukunftsorientiertes Unternehmen?

Es ist natürlich fraglich, ob FlixTrain diesen Zustand auch dann noch garantieren kann, wenn das Unternehmen weiter expandiert und noch mehr Menschen auf diese Züge umsteigen. Momentan läuft aber alles erstaunlich reibungslos. Der Betrieb ist weniger anfällig für Störungen als das bei der Deutschen Bahn der Fall ist. Das Traditionsunternehmen fällt besonders in den letzten Monaten immer wieder negativ auf, weil Züge mitten auf der Strecke liegenbleiben, bestimmte Stellwerke ständig Probleme machen oder weil die Kommunikation von Störungen und Verspätungen mangelhaft ist.

Fakt ist: Die Deutsche Bahn hat ein wesentlich größeres Angebot an Verbindungen als FlixTrain. Kundinnen und Kunden sind dadurch flexibler, weil sie bequem auf andere Verbindungen umsteigen können und der Ausfall eines einzelnen Zuges selten die Reise an sich gefährdet. All diese Vorteile gegenüber der jungen Konkurrenz in Grün rechtfertigt aber lange nicht die teilweise schwindelerregenden Preise der DB AG.

Es kann einfach nicht sein, dass man als Früh- wie Spätbucher mit dem Flieger günstiger in die Bundeshauptstadt kommt als mit dem Zug. Es ist nicht zu vermitteln, warum eine einfache Fahrt von Stuttgart nach Berlin mitunter über 100 Euro kostet. Die Deutsche Bahn geriert sich gerne als nachhaltiges und umweltbewusstes Unternehmen. Es wird tatsächlich immer so sein, dass eine Zugfahrt weitaus weniger klimaschädliche Emissionen verursacht als eine Reise mit dem Flugzeug. Warum aber lässt sich die Deutsche Bahn dann von den fliegenden Umweltkillern preislich unterbieten?

Mit seinen aktuellen Preisen kann der DB-Konzern jedenfalls nicht das Transportunternehmen der Zukunft sein. Die Konkurrenz in Form von FlixTrain beweist, dass das Fortkommen auch zu weitaus günstigeren Konditionen möglich ist. Sein angesammeltes Geld sollte das Unternehmen lieber in eine attraktive Netzerweiterung und eine Personaloffensive investieren, um als Anbieter in Zukunft ansprechend zu sein. Immerhin nutzen viele Menschen die Bahn nur deshalb nicht, weil sie sich die hohen Preise nicht leisten können oder ihnen keine passende Verbindung zur Verfügung steht. Wenn die Deutsche Bahn hier klug gegensteuert, leistet sie einen wertvollen Beitrag zu einer klimafreundlichen Verkehrswende.


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Wie die Linken die Menschen rechts liegenlassen

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Linkssein gilt heute eher als Beleidigung und nicht mehr so sehr als politische Einordnung. Immer öfter heißt es Rechts gegen Links. Als ob es nicht irgendwas dazwischen gäbe. Und genau dieses Dazwischen ist das Problem. Die echte Linke hat es sich viel zu lange gefallen lassen, dass alle dazwischen zu einem linken Mob stilisiert wurden. Die Linke hat damit an Bedeutung eingebüßt und viele Wähler an die verloren, die mit aller Macht versuchen, linke Alternativen verächtlich zu machen.

Lechts und Rinks

Früher war völlig klar: Wählst du SPD, dann bist du ein Linker. Wählst du CDU, dann fühlst du dich der demokratischen Rechten zugehörig. Klar, die Zeiten des Drei-Fraktionen – Parlaments sind lange vorbei. Der Bundestag ist eher damit beschäftigt, nicht zeitnah aus allen Nähten zu platzen. Mit 709 Abgeordneten ist der Bundestag schließlich so gefüllt wie nie. Fast langweilig, dass den Damen und Herren hinter den Regierungsbänken nichts originelleres als eine Große Koalition eingefallen ist.

Die politischen Einordnungen links und rechts sind allerdings weiterhin rege in Gebrauch. Gerade der Begriff der politischen Linken hat sich in den letzten Jahren allerdings massiv verändert. Glaubt man der Propaganda der AfD, so wimmelt es im Land von Sozialisten und linken Ideologen. Im Kern bezeichnet die AfD die Politik aller anderen Fraktionen im Parlament als links. Gut, im Prinzip liegen sie damit gar nicht mal so falsch. Erstens sitzt die AfD nun einmal ganz rechts im Parlament, weswegen es wirklich kein Kunststück ist, sich links von den Gauleitern und Baumännern aufzuhalten. Zweitens macht es die AfD den anderen Fraktionen ziemlich leicht, im Schatten ihres teilweise rechtsextremen Personals wie linke Hallodris dazustehen.

Wenn allerdings die Bundeskanzlerin als „Sozialdemokratin“ diffamiert wird, hört der Realitätssinn auf. Die Politik von CDU und FDP ernsthaft als links zu bezeichnen, muss doch jedem echten Linken wie ein kräftiger Hieb in die Magengegend vorkommen. Reihum geißelt die AfD die Politik der übrigen Fraktionen als linksliberal oder sogar als linksgrün-versifft. Das Wort „links“ verkommt für die Anhänger der Rechtspopulisten immer mehr zur ultimativen Herabsetzung anderer Positionen. Doch machen es bestimmte andere Lager der AfD mitunter viel zu leicht. Nur zu willig lassen sie sich die roten Socken überstülpen und feiern sich dafür, dass sie von rechtsaußen als Gutmenschen betitelt werden. Warum die AfDler alle Schlechtmenschen sein wollen, wird viel zu selten hinterfragt.

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Die Grenzen gesunden Menschenverstands

Dass weder Angela Merkel noch Christian Lindner ernsthaft linke Politik betreiben, steht vollkommen außer Frage. Doch was ist denn dann überhaupt wirklich links? Wikipedia bezeichnet jene Ansätze als links, „welche die Aufhebung von Ungleichheit und als Unterdrückung begriffenen Sozialstrukturen zugunsten der wirtschaftlich oder gesellschaftlich Benachteiligten zum Ziel haben“. So weit, so unverständlich. Nach der klassischen Auffassung werden die Parteien links der CDU dem linken Parteienspektrum zugeordnet. Doch gerade in diesem Umfeld haben sich in den letzten Jahren die schärfsten Veränderungen im Selbstverständnis linker Politik vollzogen.

Die Grünen gelten für die AfD dabei als DAS Feindbild überhaupt. Für sie sind die Grünen der Inbegriff der verhassten linksgrün-versifften 68er-Mentalität. Doch bereits hier stößt der gesunde Menschenverstand an seine Grenzen. Um es in einem Satz auszudrücken: Die Grünen sind nicht links. Zum Linkssein gehört mehr als sich von seinen parlamentarischen Opponenten so schimpfen zu lassen. Grundsätzlich ist linke Politik sozial, friedlich und tolerant.

Die Grünen sind nicht links!

All diese Beispiele haben die Grünen in der Vergangenheit widerlegt. Es stimmt, dass die Grünen einst als Friedens- und Umweltpartei gegründet wurden. Die Umweltpartei sind sie vielleicht auch geblieben. Immerhin profitieren sie am meisten von der Klimadebatte; ein Blick auf die Umfrageergebnisse reicht hier aus. Doch wie sieht es mit dem Frieden aus? Bei den letzten namentlichen Abstimmungen im Bundestag über Einsätze der Bundeswehr im Ausland haben die Grünen fast immer einstimmig mit Ja gestimmt. Wirklich überraschen kann das keinen. Unter Schröder haben die Grünen immerhin den Einsatz der Armee in Afghanistan mitgetragen, natürlich alles unter dem Deckmantel der außenpolitischen Verantwortung.

Sozial sind die Grünen auch schon lange nicht mehr. Genau in ihre wenig ruhmreiche Regierungszeit vor fünfzehn Jahren fällt die Einführung von Hartz-IV und damit der rapide Sozialabbau in Deutschland. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie leichtfertig gerade junge Menschen ihr Kreuz bei dieser Partei machen und sich von der vielversprechenden Klimapolitik der Grünen blenden lassen. Zur Erinnerung: Die Grünen befürworten einen Preis für CO2, der kinderleicht auf die Verbraucher umgelegt werden kann. Damit verpufft der klimafreundliche Effekt größtenteils, weil damit nur die Kleinen ihre schädlichen Emissionen runterfahren. Die Großen müssen zwar etwas tiefer in die Tasche greifen, können aber weiterhin problemlos gegen das Klima handeln.

Schröder, Afghanistan, Hartz-IV. Was nützt es, in alten Wunden zu stochern? Viel wichtiger ist doch, was heute ist. Die Grünen sind vielleicht die lautesten, wenn es darum geht, klare Kante gegen Rechts zu zeigen. Das ist gut so. Doch manch Grüner vergisst dabei, die Werte zu vertreten, die er verwirklicht sehen will. Auf die Frage, ob er Fleischesser oder Frauke Petry mehr hasst, antwortete Anton Hofreiter unverblümt, dass sich sein ganzer Hass gegen die ehemalige AfD-Politikerin richtet. Im folgenden erklärt er, warum Frau Petry mit ihren Positionen seines Hasses würdig ist. Das ist Verrohung der Gesellschaft vom feinsten.

Protest unter falschem Vorzeichen

Okay, die Grünen sind also nicht links. Aber wer ist es dann? Im Prinzip gibt es in der heutigen Bundesrepublik keine ernstzunehmende Partei mehr, die tatsächlich links ist. Wer früher links gewählt hat, der musste kein grundüberzeugter Sozialist sein. Die einstige Arbeiterpartei SPD bot all denjenigen eine politische Heimat, die in der Republik sozial vernachlässigt wurden oder schlicht der Arbeiterschicht angehörten. Heute ist das nicht mehr so. SPD und Linke müssen sich heute auf eine immer kleinerwerdende Stammwählerschaft verlassen. Die meisten wählen diese Parteien, weil sie das schon immer taten, nicht aber, weil sie sich von ihnen ganz besonders angesprochen fühlen. Diesen Job haben andere übernommen. Anders ist nicht zu erklären, warum gerade die ehemaligen linken Parteien so viele Wähler an die AfD verloren haben.

Natürlich ist die CDU weiterhin unangefochtener Spitzenreiter, was die Wählerabwanderung zur AfD anbelangt. Doch hier wandern die Wähler aus dem umgekehrten Grund ab: Die CDU ist nicht mehr rechts genug. Nach der jahrelangen Großkoaliererei und dem Kuschelkurs mit der SPD ist die Union zu einer profillosen Hülle ihrer selbst verkommen und verliert ihre erzkonservativen Wähler. Solche waren nie für linke Politik zugänglich. Aber viele andere waren es dennoch. Und hört man den klassischen „Protestwählern“ einmal genau zu, so erkennt man zwischen den Zeilen ein regelrechtes Verlangen nach linker Politik. Unter dem Vorzeichen der Flüchtlingskrise wird sich über all das empört, was echte linke Politik schon immer verurteilt hat: Hartz IV, mickrige Renten und eine desolate Arbeitsmarktsituation.

Mit ihren Sorgen und Ängsten wurden diese Menschen allein gelassen. Es gab keine linke Alternative zu der neoliberalen Politik der letzten Jahre. Die SPD war maßgeblich an den Verschlechterungen beteiligt. Die Linkspartei war entweder total im Klinsch oder kopierte fleißig das hippe linksliberale Image der Grünen. Viele Menschen wurden zu Nichtwählern. Die AfD, die die Alternative bereits im Namen trägt, sprach all diese Ängste an. Es ist bezeichnend, dass diese Partei gerade durch die Flüchtlingskrise einen deutlichen Aufschwung erlebte. Die Flüchtlingswelle seit dem Sommer 2015 hat die Verlustängste vieler Bürgerinnen und Bürger offenbart, wenn nicht sogar verschärft.

Das Klima ist die neue Flüchtlingskrise

Wie empfänglich viele Wähler der AfD für linke Politik sind, war eindeutig am Schulz-Effekt zu sehen. Augenscheinlich vertrat Martin Schulz zu Beginn seiner Kanzlerkandidatur eine Politik, die sich den Sorgen der Menschen annahm. Schwupps, erlebte die SPD einen Höhenflug bei den Umfrageergebnissen. Und zwar nicht zulasten der CDU. Mit den Christdemokraten lieferten sich die Sozen über Wochen ein Kopf-an-Kopf – Rennen. Gesunken ist stattdessen der Zuspruch für die AfD. Auch viele Nichtwähler konnte Schulz kurzfristig von sich überzeugen. Er sammelte also genau jene Wähler auf, die sich von keiner Partei vertreten fühlten oder sogar schon den Rechtspopulisten auf den Leim gegangen waren.

Es kam wie es kam. Martin Schulz konnte den linken Kurs gegen parteiinternen Widerstand nicht aufrechterhalten. Die Alternative war wieder blau. Sie akzeptierten den Preis, eine Partei mit teilweise offen rechtsextremen Agitatoren zu wählen und dafür selbst als Rassisten verfemt zu sein.  Viele wurden wieder im Stich gelassen. Und das hat sich bis heute nicht geändert.

Das neue große Aufregerthema: das Klima. Natürlich geht echter Klimaschutz in der heutigen Situation nicht ohne Umdenken und auch nicht ohne Verzicht. Aber natürlich kann niemand dem arbeitenden Volk erklären, warum jeder einzelne so viel tiefer in die Tasche greifen muss und so viel mehr echten Verzicht hinnehmen muss als große Konzerne. Es ist widersinnig. Es gibt dafür keine Erklärung. Echte linke Politik würde das nicht zulassen…


Nachtrag (15. Januar 2020): Die Partei Die Linke hat auf ihrer Internetseite einen interessanten, ähnlichen Beitrag veröffentlicht. Zum Beitrag

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