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Wochenlang aus den Schlagzeilen, nun feiert es sein zweifelhaftes Comeback: Das Coronavirus ist zurück. Die Inzidenzen steigen wieder, die Menschen sind verunsichert, der Gesundheitsminister ruft die Sommerwelle aus. In der Zwischenzeit ist wirklich nichts passiert. Die Tests sind noch immer unzuverlässig, die Impfung nur begrenzt wirkfähig und die Antworten auf die angespannte Lage die gleichen. Es scheint, als hätten noch nicht alle Politiker begriffen, dass sich die Menschen einen zweiten Herbst 2021 nicht werden bieten lassen.
Ein zweifelhaftes Comeback
Was noch im Herbst 2021 völlig undenkbar schien, war im Frühjahr 2022 vielfach gelebte Realität: ohne Maske in den Supermarkt gehen. Viele Einzelhandelsketten hatten in ihren Geschäften zeitweise sogar eine FFP2-Maskenpflicht erwirkt, heute sieht man die Filtermasken nur noch selten in deutschen Läden. Mit der Maskenpflicht endete für viele Menschen faktisch die Pandemie. Nur noch in Bussen, Bahnen und Flugzeugen musste die Maske getragen werden, und selbst dort wurde munter gegen die Maßnahme verstoßen.
Die Dominanz der Omikronvariante sorgte nicht nur für eine medizinische Entspannung. Die Inzidenzen schmolzen dahin, schwere Krankheitsverläufe wurden wieder zur Ausnahme. Auch gesellschaftlich läutete Omikron eine Trendwende ein. Viele Maßnahmen verschwanden aus dem Alltag der Menschen, die allgemeine Impfpflicht verlor in der Bevölkerung spürbar an Popularität, die Hoffnung auf eine baldige Endemie machte sich breit. Insgesamt gingen viele Menschen wesentlich lockerer mit dem Virus um. Manche Leute nahmen es dabei wohl zu locker.
Denn seit einigen Wochen sind die Inzidenzen wieder am Klettern. Eine weitere Subsubvariante hat sich durchgesetzt und diese scheint noch infektiöser zu sein als Omikron. Zwischenzeitlich hat fast jeder mindestens eine Person im Bekannten- oder Freundeskreis, der mit einer Infektion zu kämpfen hat. Die Menschen werden wieder wachsamer, die Maske kehrt langsam zurück und auch unser werter Herr Gesundheitsminister ist in Alarmbereitschaft. Als hätte er es kaum abwarten können, verkündete er jüngst den Beginn einer Sommerwelle.
Back to the nudging
Außer Schwarzmalerei und Panikmache ist bei Karl Lauterbach (SPD) aber mal wieder nichts gewesen. Wie jedes Mal, wenn die Zahlen steigen, beweisen die Regierenden in diesem Land völlige Überforderung und Planlosigkeit. Auf konstruktive Vorschläge, wie die überraschende Sommerwelle zu brechen ist, warten man bislang vergeblich. Stattdessen haut der Gesundheitsminister seinen nächsten Clou raus: Die Tests sollen ab sofort wieder kostenpflichtig sein. An der Aufdeckung und Unterbrechung von Infektionsketten scheint er also nicht interessiert zu sein.
Viel leichter fällt es ihm, seine alte Schiene zu fahren: Die Gefahr steigt, also müssen die Ungeimpften zur Räson gebracht werden. Und wie schafft man das am besten? Indem man ihnen das Leben so schwer wie möglich macht. Ein beherzter Griff in den Geldbeutel für Tests hier und den ein oder anderen Lockdown für Impfverweigerer da und schon ist der allgemeinen Impfmoral gedient. Dieses Muster lässt sich übrigens auch bestens auf Menschen anwenden, die keine Lust auf eine vierte Impfung haben.
Kompletter Stillstand
Die Entscheidung für eine Impfung bleibt politisch. Kein Mensch muss Nutzen und Risiko vernünftig abwägen, wenn der Staat die Entscheidung durch Repressalien und Gängelung übernimmt. Niemand muss mehr Rückgrat beweisen, wenn sämtliche wissenschaftlichen Argumente für wie gegen die Impfung vom Tisch gewischt werden und nur Raum bleibt für die Teilnahme oder den Ausschluss vom öffentlichen Leben. Das war 2021 so – und das ist auch in diesem Jahr so.
Dazwischen ist fast nichts passiert. Omikron ist seit etwa einem halben Jahr vorherrschend und trotzdem lässt sich eine Infektion mit der Virusvariante durch Schnelltests nicht zuverlässig nachweisen. Mit großem Elan passte man die Impfstoffe an die neue Variante an. Da der Infektionsschutz aber weiterhin zu wünschen übriglässt, hätte man ähnlich viel Inbrunst auch in die Weiterentwicklung der Tests stecken sollen. Und was wurde eigentlich aus den wirksamen Medikamenten gegen Covid? Wie vielen Menschen könnte man heute bei Impfdurchbrüchen schon helfen, wenn ähnliche Summen in die Erforschung solcher Präparate geflossen wären?
Dazu kommt noch ein weiteres: Die Lage in deutschen Kliniken ist nach wie vor katastrophal. Corona hin oder her, dem fortschreitenden Schwund an Pflegekräften muss der Staat endlich mit absoluter Entschlossenheit entgegentreten. Doch leider fällt den Damen und Herren Politikern nichts anderes ein, als die Personaldecke in den Krankenhäusern durch eine Teilimpfpflicht weiter anzuspannen. Und so sind viele medizinische Einrichtungen schon im Hochsommer am Limit, obwohl die Welle noch gar nicht richtig losgelegt hat.
Keine Lust auf Lockdown
Zumindest eines hat Karl Lauterbach klipp und klar festgehalten: Einen weiteren Lockdown darf es nicht geben. Mitnichten erkennt er damit die Sinnfreiheit dieser Maßnahme an. Er bereitet mit diesem Appell eine neue Kampagne gegen Ungeimpfte vor. Hinterher wird er darauf verweisen können, dass er immer gegen einen Lockdown war, die angespannte Infektionslage und die große Zahl an Ungeimpften ihm aber keine Wahl gelassen hätten. Ehrlicher ist da schon der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann (Grüne): Er träumt schon heute von einschneidenden Maßnahmen wie Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen, die hauptsächlich Nicht-Geimpfte träfen und verfällt damit ein weiteres Mal der Autokratieromantik.
Doch die Regierenden wissen, dass ein neuer Lockdown auf noch härteren Widerstand als schon 2021 stoßen würde. Momentan haben die Querdenker mit dem Krieg in der Ukraine ein neues Thema gefunden, doch spätestens im Herbst werden sie sich wieder mit ganzem Herzen gegen sämtliche Coronamaßnahmen stellen. Einen kurzen Moment gab es die Hoffnung, dass diese Dauerdemonstranten durch die Omikronvariante wieder zur Besinnung kommen, doch sie gehen weiter Woche für Wochen für teils krude Thesen auf die Straße. Das ständige Hin und Her in der Coronapolitik hat noch weitere zu den Aufmärschen getrieben.
Dieses Potenzial haben die Demos weiterhin und sie werden es in den kommenden Monaten reaktivieren. Seit Wochen machen die Menschen deutlich, was sie von Basismaßnahmen wie der Maskenpflicht halten. Menschen mit falschsitzender oder fehlender Maske gehören wieder zu Bus- und Bahnfahrten dazu, von Abstandhalten kann keine Rede mehr sein. Es ist fast wie vor 2020 – mit dem gravierenden Unterschied, dass die Menschen heute wissen, was ihnen im nächsten Moment weggenommen werden kann. Die meisten werden das nicht hinnehmen. Es sieht düster aus für den Herbst.