Einigkeit und Recht und Freiheit

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Heute ist Tag der Deutschen Einheit. Seit nunmehr 30 Jahren ist Deutschland formell wiedervereinigt. Die Mauer ist weg, die Menschen können gehen, wohin sie wollen, sie können sagen, was ihnen nicht passt und sie wählen ihre Repräsentanten in freien Wahlen. Recht und Freiheit gilt heute für alle Menschen in Deutschland gleichermaßen. In Einigkeit leben wir Deutschen aber nur bedingt.

Kein leichtes Projekt

„Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört.“ Mit diesem Zitat von Willy Brandt (SPD) wird Mauerfall und deutsche Wiedervereinigung oft zusammengefasst. Nach vier Jahrzehnten Trennung voneinander gingen Westdeutschland und die ehemalige DDR in die Gesamt-Bundesrepublik auf. 28 Jahre davon trennte die Mauer die beiden Deutschlands. Nach dem 9. November 1989 war es tatsächlich nur noch eine Frage der Zeit bis es zur Wiedervereinigung kam.

So kam es dann auch. Im Sommer 1990 unterzeichneten Wolfgang Schäuble (CDU) und Günther Krause (DDR-Staatssekretär) die Verträge, die die wiedererlangte Einheit besiegelten. Doch wie bei so vielem war hier der Wunsch Vater des Gedankens. Eine so lange Zeit der Trennung hatte bei beiden Seiten deutliche Spuren hinterlassen. War die Wiedervereinigung also von Anfang an zum Scheitern verurteilt? Ganz bestimmt nicht. Aber es wurden einige schwerwiegende Fehler gemacht, 1990 wie in den Jahren danach.

Der Zug hält nur bei Bedarf

Noch heute macht es nämlich einen himmelweiten Unterschied, ob man in Stuttgart oder in Magdeburg in eine Bahn steigt. Den Menschen in der schwäbischen Metropole geht es gerade wirtschaftlich besser als den Menschen in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt. Und das sieht man. Gerade dort, wo Menschen aus unterschiedlichen Schichten zusammenkommen, kann man die Unterschiede zwischen ihnen am deutlichsten erkennen. Wo geht das besser als im öffentlichen Nahverkehr? In Stuttgart sehen die Menschen irgendwie gleich aus. Nur in wenigen Fällen erkennt man, wer aus welcher sozialen Schicht kommt. In den neuen Bundesländern ist das anders. Hier ist das Gefälle deutlich steiler – und die Unterschiede somit offensichtlicher.

Mit Einheit hat das wenig zu tun. Immerhin suggeriert dieser Begriff, man sei eins. Wie kann es dann sein, dass manche Bundesländer wirtschaftlich so viel besser dastehen als andere? Nicht immer ist das mit natürlichen oder geographischen Gegebenheiten erklärbar. Gut, am Kaiserstuhl wächst besserer Wein als in der Lausitz. Aber einem Automobilzulieferer kann es doch im Grunde egal sein, ob er sein Werk in Stuttgart oder in Erfurt hat. Ist es ihm aber anscheinend nicht.

Die alten Bundesländer scheinen für große Konzerne so attraktiv zu sein, dass es keinen einzigen DAX-Konzern in den Osten verschlagen hat. In der westlichen Bundesrepublik konnten sie schließlich auch über viele Jahre wachsen, im Osten hätten sie damit von vorne beginnen müssen.

Fairer Lohn für gleiche Arbeit?

Vor allem in den neuen Ländern kam es unmittelbar nach der Wiedervereinigung aber auch zu einer Reihe an Betriebsschließungen, die vielen Menschen die Existenz raubten. Der vielversprochene wirtschaftliche Aufschwung für die ehemalige DDR lässt bis heute auf sich warten. Denn nach wie vor ist das Lohngefälle zwischen Ost und West immens. Das hat natürlich direkte Folgen für den dortigen Arbeitsmarkt, aber es trifft auch jeden individuell. Ein niedriger Arbeitslohn bedeutet nämlich auch immer eine niedrige Rente. Und weil die Westalgiker immer so gerne die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten ins Feld führen: Gerade dieser unterschiedliche Lebensstandard verhindert doch, dass Menschen aus dem Osten in den Westen gehen können. Andersrum gibt es für eingefleischte Wessis keinen Anlass, nach Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern zu ziehen. Und so soll Gleichheit und Einheit aussehen?

Für die Betroffenen bedeutet es das eben nicht. Sie fühlen sich in ihrer Tätigkeit und Lebensleistung geringschätzt. Es macht einfach keinen Sinn, warum die Arbeitsjahre in der DDR weniger zählen sollen als die in der alten Bundesrepublik. Man hat zwar weniger in den Rententopf eingezahlt, aber wozu gab es dann bitte den gerade erst abgeschafften Solidaritätszuschlag?

Zu viel der Ostalgie

Was die Herren Schäuble und Krause 1990 auf dem Papier beschlossen, blieb teilweise auch auf dem Papier. Bereits nach wenigen Jahren verabschiedeten sich vor allem viele Ostdeutsche von der Vision, am goldenen Westen teilzuhaben. In unterschiedlichem Ausmaß wünschen sich einige auch heute noch nach die gute alte DDR-Zeit zurück. Die Ostalgie ist dabei ein verräterisches Phänomen. Jede Form der Nostalgie bezieht sich nämlich auf etwas vergangenes, auf etwas abgeschlossenes. Vieles wurde in der DDR aber zu abrupt abgeschlossen. Der Verlust der knackigen Spreewaldgurke und des heißgeliebten Trabis signalisierte die wirtschaftliche Unterlegenheit des Ostens. Der Appetit auf die Gurke von drüben kam in den Folgejahren zwar langsam wieder auf, aber von vielen anderen Dingen mussten sich die Ex-Ossis für immer verabschieden. Oder weiß heute ernsthaft noch jemand, was ein Subbotnik ist?

Aber Auto hin, Gurke her, inzwischen hat die Ostalgie bei manchen ein nicht zu unterschätzendes Ausmaß erreicht. Die maßlose Enttäuschung über die ausgebliebenen blühenden Landschaften trieben manche sogar so weit, sich die Mauer zurückzuwünschen. Sie wünschen sich allerdings nicht die permanente Stasi-Bespitzelung und staatliche Bevormundung zurück. Sie sehnen sich nach Sicherheit. In der DDR kannte jeder den Feind. Auch wenn die Stasi hinterhältig und verlogen war – jeder wusste, wie er sich verhalten musste, um nicht in ihr Visier zu geraten. Im vereinten Deutschland sehen das viele anders. Der plötzliche Verlust des Arbeitsplatzes und damit der wirtschaftlichen Existenz kann jeden treffen, egal wie sehr er sich vorher angestrengt hat.

Drei Steine obendrauf

Aber nicht genug damit, dass sich so mancher unverbesserliche Ossi das steinerne Gefängnis zurückwünscht. Auch in Westdeutschland grassierte bereits einige Jahre nach der Wiedervereinigung der Wunsch, die Mauer möge zurückkommen. Laut gesagt wird das natürlich bis heute nicht, das wäre ja ein Schlag ins Gesicht gegen die beinahe liebgewonnenen Ossis. Denn durch den schwer zu vermarktenden Soli und weiterer Scherereien mit dem Osten wussten einige die Mauer erst zu schätzen. Das klingt schlimm. Ist es auch. Aber leider kein Einzelfall.

Zugegeben, ich habe nie einen Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschen gemacht. Das war für mich nie real. In den Talkshows der 90er-Jahre war oft von diesem Unterschied die Rede, immerhin lag der Fall der Mauer erst einige Jahre zurück. Verstanden habe ich es nie so wirklich. So geht es bestimmt nicht nur mir. Vielen weiteren Kindern der 90er ist es wurschd, ob jemand aus München oder aus Gotha kommt. Das ist gut so. Aber die Generationen davor? Die sehen das unter Umständen anders. Es kann nicht sein, dass man sich darauf ausruht, dass die Nachmaurer gut aufgewachsen sind. Die Sorgen und Nöte derer nicht ernstzunehmen, die mit der gesamtdeutschen Politik nicht zurechtkommen, ist der Fehler, der viele von ihnen bereits in die Arme der Demokratiefeinde getrieben hat.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Und ganz bestimmt nicht nur mit dem Lohngefälle und der Rentenungleichheit zu erklären. Manche Ursachen liegen tiefer. So war die Verfassung der alten Bundesrepublik von Beginn an darauf ausgerichtet, eines schönen Tages von einer neuen, gesamtdeutschen Verfassung ersetzt zu werden. Das ist bis heute nicht passiert. Stattdessen ist die ehemalige DDR der BRD lediglich beigetreten. Eine neue Verfassung kam nicht zustande.

Mauer im Kopf

Dabei wäre die Erarbeitung eines neuen Grundgesetzes tiefer Ausdruck des Respekts vor dem Rechtsstaat und den Menschen aus der DDR gewesen. Die Menschen aus dem Osten konnten nie über die Verfassung abstimmen, deren Geltungsbereich sie beitraten. So gut und durchdacht unsere Verfassung auch sein mag – es war der Kardinalfehler, 1990 nicht über eine neue Verfassung abzustimmen.

Zwangsläufig fühlten sich viele aus der DDR vom Westen bevormundet, auch wenn die Erleichterung über den Wegfall der Mauer sie die ersten Jahre beschwichtigte. Geographisch haben die beiden Deutschlands vor dreißig Jahren tatsächlich zusammengefunden. Kulturell haben sie sich im Laufe der Jahre zumindest angenähert. Wirtschaftlich klafft weiterhin ein tiefer Graben zwischen Ost und West. Und auch drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall ist die Mauer aus den Köpfen vieler noch nicht verschwunden…


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Vor einigen Wochen debattierte der Bundestag über die Errichtung eines Mahnmals der Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in der DDR. Viele Reaktionen waren vorhersehbar, andere erschreckend. Offensichtlich wurde das Problem der Linkspartei, sich von DDR und Kommunismus zu distanzieren. Doch nicht nur die Linken haben Schwierigkeiten mit diesem Thema. Auch der Durchschnittsbürger kommt beim Thema Linksextremismus ins Schlingern. Ein Mahnmal scheint überfällig.

Ein Glücksfall der Geschichte

Vor gut 30 Jahren brachten mutige Bürgerinnen und Bürger die Berliner Mauer zum Einsturz. Damit lehnten sie sich gegen eine repressive Diktatur auf – wohlgemerkt die zweite auf deutschem Boden im vergangenen Jahrhundert. Nach 40 Jahren war Schluss für Kommunismus, Bespitzelung und Stasi. Die Menschen der DDR träumten von Freiheit, von Einheit und von Demokratie. Es ist ein Glücksfall der deutschen Geschichte, dass mit den Demonstrationen im Herbst 1989 der Einheitsprozess von Deutschland in Gang gesetzt wurde – und dass sie nicht mit beispielloser Gewalt niedergeschlagen wurden wie in anderen Teilen der Welt.

Nach 40 Jahren Planwirtschaft und Ein-Parteien – Staat war das Ausmaß dieser Diktatur verheerend, nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht. Kritiker und Gegner des Sozialismus reden oft und gerne davon, dass diese Wirtschaftsordnung noch niemals einen Erfolg verzeichnen konnte. Aber die Bilanz der DDR umfasste mehr als eine desolate Wirtschaftssituation. Über Jahrzehnte bespitzelte die Stasi unzählige Menschen in ihren privaten Wohnungen, sofern man in diesem System von Privateigentum sprechen kann. Unliebsame Kritiker wurden im besten Falle ausgebürgert und im schlimmsten Fall ermordet. Nicht nur im Grenzstreifen fanden viele ihr trauriges Ende.

Die alte Laier

Höchste Zeit also, dass auch den Opfern dieses brutalen Systems gedacht wird, anstatt immer nur das Versagen oder die Verbrechen führender Köpfe der DDR zu beklagen. Die Bundesregierung sah das kürzlich genau so und so brachten die Unionsfraktion und die SPD-Fraktion im vergangenen Dezember einen wichtigen Antrag in den Bundestag ein. Sie forderten darin die Errichtung eines Mahnmals, um der Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland zu gedenken.

Selbstredend fielen in der nachfolgenden Debatte die längst totgedroschenen Phrasen zur DDR-Mangelwirtschaft und natürlich wurde auch die Linksfraktion mal wieder unreflektiert als SED 2.0 diffamiert. Deswegen lagen die Erwartungen hoch, was wohl die Rednerin aus den Reihen der Linken zu dem Antrag zu sagen hatte. Wer allerdings glaubte, die sonst so besonnene Abgeordnete Simone Barrientos würde sich sachlich mit dem Antrag der Regierungsfraktionen auseinandersetzen, der wurde schon bald eines besseren belehrt. Die Rede der Abgeordneten machte viel eher ein altes Problem erneut offensichtlich. Die Partei Die Linke hat in weiten Teilen ein Problem mit dem Linksextremismus – und das anscheinend auch auf Bundesebene.

Ein System mit Fehlern oder Fehler mit System?

Ich möchte hier keinem Abgeordneten des Bundestags gezielt unterstellen, ein Feind der Verfassung zu sein. Und ganz bestimmt wäre es unhaltbar, Abgeordnete der Linksfraktion dem linksextremen Spektrum zuzuordnen. Barrientos‘ Rede machte hingegen offensichtlich, dass es der Linken weiterhin schwerfällt, sich eindeutig von linksextremem Gedankengut zu distanzieren. So bezweifelte die Würzburger Abgeordnete doch allen Ernstes, dass es mit der DDR eine kommunistische Gewaltherrschaft gegeben hätte. Stattdessen stilisiert sie diesen Staat zu einem System mit vielen Fehlern. Ihrer Meinung nach überwogen die Fehler in diesem System wohl. Sie übersieht dabei getrost, dass das System der Fehler war.

Das Ansinnen der Menschen sei gewesen „eine bessere DDR“ herbeizuführen. Einverstanden. Eine andere DDR. Eine bessere DDR. Wie auch immer. Hauptsache ohne Mauer und Gesinnungshaft. Dann allerdings bezweifelt sie, dass eine friedliche Revolution eine Gewaltherrschaft hätte stürzen können. Einerseits verneint sie hier eindeutig die Existenz einer Gewaltherrschaft. Andererseits, und das mit Sicherheit unbewusst, verbreitet sie die These, dass Gewalt ein legitimes Mittel sei, um ein Regime zu stürzen. Beides wird dem Mut der ehemaligen DDR-Bürger nicht gerecht.

Extremismus im Selbstversuch

Barrientos‘ Äußerungen reihen sich nahtlos in die Äußerungen anderer Vertreter der Linkspartei ein. So bezeichnete die ehemalige NRW-Landtagsabgeordnete Bärbel Beuermann die DDR als einen legitimen Versuch, den Kapitalismus endgültig zu überwinden, natürlich nur „[a]us der Sicht der Menschen, die diesen Staat damals gegründet haben“. Für Sahra Wagenknecht handelte es sich bei den Ausschreitungen im Umfeld des G20-Gipfels in Hamburg vor knapp drei Jahren nicht um Linksradikale, sondern lediglich um krawallmachende Chaoten. Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke übernimmt die Moderation einer Podiumsdiskussion über die Wege zum Kommunismus. Besonders brisant: An der Diskussion beteiligt sich auch die verurteilte RAF-Terroristin Inge Viett, die den tosenden Beifall, der ihr entgegenschwemmt, sichtlich genießt.

Die Linke spielt also gerne mit dem Feuer. Anstatt sich eindeutig vom äußersten linken Rand zu distanzieren, scheuen manche Mitglieder dieser Partei die Nähe zu Extremisten nicht. Wie soll man sich aber auch effektiv von etwas distanzieren, was bei vielen Menschen hilfloses Gedruckse verursacht?

Ich selbst habe den Selbstversuch gewagt. Ich habe Freunde und Bekannte gefragt, was für sie Rechtsextremismus bedeutete und warum sie ihn verurteilten. Die Antworten waren eindeutig. Mir wurden brennende Asylantenheime genannt, homophobe und rassistische Beleidigungen und die NS-Diktatur. Anschließend wiederholte ich die Frage in Bezug auf Linksextremismus. Die wenigsten konnten mir eine zufriedenstellende Antwort geben. Manche nannten als Beispiel noch die RAF, kaum jemand erkannte in der DDR eine linksextreme Apparatur.

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Und was sagt die Straße?
Ein Meister der Tarnung

Ist der Linksextremismus also möglicherweise gar nicht so gefährlich wie viele uns das weismachen wollen? Mitnichten. Nur weil eine Gefahr nicht eindeutig als solche wahrgenommen wird, macht sie das nicht automatisch ungefährlicher. Das Gegenteil ist richtig. Gerade die Fähigkeit des Linksextremismus besonders gut im verborgenen agieren zu können, macht ihn so gefährlich.

Die Motivation rechtsradikaler Straftäter ist für viele offensichtlich: Sie glauben nicht, dass alle Menschen gleich viel wert sind, dass andere es womöglich verdient haben, angezündet und getötet zu werden. Viele von ihnen sehen sich von einer schieren Flutwelle an Migranten überrollt und wollen sich ihr heißgeliebtes Heimatland zurückerobern. Das klingt ziemlich hirnverbrannt. Und das ist es mit Sicherheit auch.

Der Motivation linksradikaler Straftaten hingegen können die wenigsten folgen. Auch wenn sie die Attacken von rechts scharf verurteilen, sie begreifen die Beweggründe dahinter viel eher ohne sie gutzuheißen. Wie oft las man von „unbelehrbaren Terroristen“, wenn bis vor einigen Jahren über die Freilassung der letzten inhaftierten RAF-Mitglieder diskutiert wurde? Diese Menschen sind nicht unbelehrbar oder gar wirr im Kopf. Es sind Überzeugungstäter. Einige von ihnen sind diesen Überzeugungen bis heute treugeblieben.

Ein immer wiederkehrender Traum

Soll das jetzt heißen, dass der Rechtsextremismus in der Gesellschaft eher akzeptiert wird als der Linksextremismus? Ganz bestimmt nicht. Das Manko der linken Revoluzzer ist schlicht und ergreifend, dass links schon immer viel abstrakter war als rechts. Die Rechten sprechen immerhin ein urmenschliches Bedürfnis an: die Bequemlichkeit.

Denn kein Mensch will sich verändern. Der Mensch hasst Veränderung. Rechtsextreme auch. Die AfD hat es doch nur deshalb so leicht, weil sie sich gegen jedwede Veränderung sperrt und sich nach der guten alten Zeit sehnt, wo sich niemand Sorgen machen musste. Diese Welt hat so allerdings noch nie existiert und wird auch niemals existieren.

Gerade heute wird immer mehr die Aktualität und Richtigkeit von Brechts Zitat mit dem Schoß und der Fruchtbarkeit offensichtlich. In Bezug auf den linken Extremismus versagt das Zitat allerdings. Der Grund dafür ist einfach erklärt: Während die Deutschen in den 1930ern mehrheitlich für die Nazis stimmten, wurde ihnen das sowjetische System im Folgejahrzehnt ungefragt übergestülpt.

Es wird höchste Zeit

Nach der Kapitulation von Nazi-Deutschland wurden manche Menschen als Mitläufer klassifiziert. Sie sind ein typisches Beispiel dafür, wie sich rechtsextremes Gedankengut in den Menschen hineinfressen kann, der davor vielleicht kein überzeugter Nazi war. Nach dem Zusammenbruch der DDR war eine solche Einteilung schwieriger. Die Aufarbeitung war freilich eine andere, wenn es sie überhaupt gab. Jemanden als typischen Mitläufer in der DDR zu bezeichnen ist fast unmöglich. Die meisten Menschen arrangierten sich über viele Jahre mit dem bestehenden System mit all seinen Nachteilen. Sie unterwarfen sich dabei wahren Überzeugungstätern.

Die Aufgabe eines Mahnmals für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft ist daher eine andere als eines solchen, das an den Holocaust erinnert. Ein Mahnmal für die Opfer des Kommunismus müsste vorrangig die Frage beantworten, warum eine Gesellschaft, in der alle gleich sind, keine erstrebenswerte Daseinsform ist.

Beim Rechtsextremismus sind sich die meisten einig: nicht nur der Genozid als letzte Konsequenz dieses Regimes ist verurteilungswürdig, sondern auch die menschenverachtende Ideologie dahinter. Beim Linksextremismus sind viele von einer solchen Einsicht noch weit entfernt. Sie beklagen die Auswüchse eines solchen Systems und sprechen von Mauertoten, Zwangsadoptionen und Gesinnungshaft. Dass auch hinter einer solchen Herrschaft eine völlig falsche und verbrecherische Ideologie steht, ist vielen nicht bewusst. Es wird höchste Zeit für ein Mahnmal.

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