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Im ganzen Land erfüllen Solidaritätsbekunden für medizinisches Personal, für Kassiererinnen und Kassierer und für Polizei- und Feuerwehrbeamte die sozialen Netzwerke. Manche Menschen stellen sich sogar demonstrativ an ihre Fenster oder auf ihre Balkons, um für diese Pfeiler unserer Gesellschaft zu applaudieren. Der Bundestag hat sich daran nun ein Beispiel genommen und es den Bürgerinnen und Bürgern gleichgetan. Die nachfolgenden Reaktionen und Entwicklungen überraschten dabei selbst die erfahrensten Parlamentarier.
Geste mit Wirkung
Am 25. März erhoben sich die Abgeordneten des Bundestags und die Mitglieder der Bundesregierung von ihren Plätzen, um den Menschen in sogenannten systemkritischen Berufen Respekt zu zollen. Die stehenden Ovationen galten all denjenigen, die während der Corona-Krise die Infrastruktur des Landes aufrechterhalten – also Pflegerinnen und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte, Polizistinnen und Polizisten, aber auch Verkäuferinnen und Verkäufer sowie alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Was als Akt der Anerkennung und der Ermutigung gedacht war, entfaltete schon bald eine noch erfreulichere Dynamik. Denn tausende Jugendliche waren von dieser menschlichen Geste der Parlamentarier derart gerührt, dass sie sich spontan für eine Ausbildung in den angesprochenen Berufen entschieden. Vor allem Krankenhäuser wurden in den Folgetagen von einer Welle an Bewerbungen geradezu überflutet.
Die angespannte Lage in den Kliniken aufgrund der Corona-Krise lässt eine zeitnahe Sichtung der zahlreichen Bewerbungen allerdings nicht zu. Viele Klinikleitungen signalisierten bereits, dass eine Auswahl frühestens im Sommer getroffen werden könnte. Man sei hocherfreut darüber, dass so viele junge Menschen nun einen Beruf im Gesundheitswesen ergreifen wollen, doch stehe die Versorgung der an Covid-19 erkrankten derzeit im Vordergrund.
Klatschen statt Kleckern
Nicht nur die Jugend wurde von der herzerwärmenden Aktion im Bundestag ergriffen. Tarifpartner und Gewerkschafter fielen sich sprichwörtlich in die Arme (also nur virtuell). Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz gaben sie bereits einen Tag später bekannt, dass es ab dem 1. Mai eine Lohnsteigerung von durchschnittlich 20 Prozent für Angestellte im Gesundheitswesen geben würde. Auch einen verbindlichen Personalschlüssel stellten die Vertreter stolz vor.
Doch damit riss die Serie an glücklichen Wendungen lange nicht ab. Anonyme Großunternehmer investierten ihre milliardenschweren Renditen sogleich in die Herstellung lebensrettender Beatmungsgeräte und Intensivbetten, die den Kliniken ab kommender Woche zur Verfügung stehen sollen.
Die Mitglieder des Bundestags merkten schnell, dass sie auf eine politische Goldader gestoßen waren. Im Eilverfahren beschlossen sie, bei schwierigen Themen langatmige Debatten zukünftig durch mehrminütiges Klatschen zu ersetzen. Davon versprechen sie sich schnellere und bessere Ergebnisse als bisher. Die Offensive nennen sie „Klatschen statt Kleckern“.
Zeichen gegen Mietwucher
Die neue Herangehensweise trägt auch in anderen Bereichen bereits Früchte. Um die prekäre Situation auf dem Wohnungsmarkt zu entspannen, ließen sich die Abgeordneten erneut zu langanhaltendem Klatschen hinreißen. Einzelne Mandatsträger der Koalitionsparteien stiegen sogar auf ihre Tische, um dem Applaus noch mehr Wirkungskraft zu verleihen. Der Beifall gebührte in diesem Fall all den Mietern, die gierigen Vermietern und Miethaien trotz aller Widrigkeiten tapfer die Stirn boten.
Auch in diesem Fall ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten. Angesichts der unglaublichen Zustände auf dem Wohnungsmarkt stellten viele private Miet- und Wohnungsunternehmen ihre Scham öffentlich zur Schau. In zahlreichen Beiträgen in sozialen Netzwerken zeigten sie sich entsetzt darüber, in welch abgefahrener Situation sich viele Mieterinnen und Mieter befänden. Sie kündigten weitreichende Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsituation in Deutschland an.
Der Vermieterbund München wurde dabei deutlich konkreter. Er vereinbarte eine Senkung der innenstädtischen Miete um durchschnittlich ein Drittel der jetzigen Kaltmiete. Die Mieterleichterungen dort sollen ab Herbst in Kraft treten.
Bundesweit gründete sich spontan der Verbund zur Schaffung von Wohnraum (VSW). Es handelt sich dabei um ein Konglomerat aus privaten Vermietern, Großunternehmern der Branche und Politikern. Gemeinsam können sie vor allem Großstädten mehrere Millionen Euro für den Bau von Wohnungen zur Verfügung stellen. Experten erwarten, dass sich bereits in wenigen Monaten eine Entspannung der Lage im ganzen Land abzeichnen wird.
Applaus gegen Altersarmut
Ganz aktuell klatschte der Bundestag für Rentnerinnen und Rentner, die tagein tagaus und bei Wind und Wetter Pfandflaschen aus überfüllten Müllbehältern fischen. Die betroffenen Senioren fühlten sich dadurch enorm ermutigt. Viele von ihnen nutzten die allgemeinen Ausgangsbeschränkungen, um öffentliche Plätze von herumliegendem Pfandgut zu befreien. Mehrere lokale Tageszeitungen berichteten von diesen Trümmerrentnern, die wie nach dem Krieg ihr bestes gaben, um die Szenerie in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.
Spärliche Reaktionen auf den erneuten Beifall der Bundestagsabgeordneten gab es bisher von Seiten der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Es ist allerdings davon auszugehen, dass diese Behörde aufgrund eines WLAN – Schadens bisher noch gar nichts von der rührenden Aktion mitbekommen hat. In verschiedenen Interviews zeigten sich Abgeordnete zuversichtlich, dass auch die DRV bald entsprechende Maßnahmen ergreifen würde.
Ein Grund zur Hoffnung
Die Volksvertreter sind indes rundum zufrieden mit der bravourösen Offensive. Bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz gab Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bekannt, dass weitere Applausstürme geplant seien. So ist vorgesehen, noch im April etwas gegen den um sich greifenden Mangel an Kita-Plätzen zu unternehmen.
Manuela S. (34), Kindertagesbetreuerin in Krefeld, sitzt bereits jetzt schon täglich mit ihren Schützlingen der Notbetreuungsgruppe gespannt vor dem Fernsehgerät, um die neuesten Entwicklungen auf keinen Fall zu verpassen. Sie freut sich auf die Zeit, wenn sie während der Arbeitszeit endlich wieder entspannt zur Toilette gehen kann. Momentan ist das nicht ohne Gewissensbisse möglich, ist sie doch allein für zehn Kleinkinder verantwortlich.
Auch Eltern blicken hoffnungsvoll in die Zukunft. Sie spekulieren auf eine deutliche Absenkung der Anmeldefristen an Kitas auf sechs Monate. Momentan warten Eltern im Durchschnitt drei Jahre auf einen Platz in der Krippe. Politiker sind sich sicher, dass schnöder Anstandsapplaus in diesem Fall kaum helfen wird. Sie richten sich bereits auf orgasmische Freudenstürme im Plenarsaal ein.