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Die zweite selbstorganisierte bundesweite Volksabstimmung steht in den Startlöchern. Momentan können die Bürgerinnen und Bürger auf der Beteiligungsplattform consul über die eingereichten Themenvorschläge abstimmen. Zur Auswahl steht auch die Idee, Vätern einen zehntägigen Vaterschaftsurlaub zu garantieren. Die Vorteile dieser Überlegung liegen auf der Hand: die Mütter würden spürbar entlastet, die Väter könnten leichter eine Beziehung zum Kind herstellen. Der Vorstoß bringt uns einer gleicherechtigten Gesellschaft ein gutes Stück näher.
Wir leben in einer fortschrittlichen und gleichberechtigten Gesellschaft? Von wegen. Auch im Jahr 2023 ist Kindererziehung oft allein Sache der Mütter. Sie kümmern sich um den Nachwuchs, sie scheiden aus dem Berufsleben aus und sie sind finanziell abhängig von Männern. Auf der anderen Seite wird es auch den Vätern alles andere als leichtgemacht, diese Strukturen zu durchbrechen und für ihre Familien dazusein. Ein garantierter Vaterschaftsurlaub von zehn Tagen kann hier einen erheblichen Unterschied machen.
Vorteil für alle
Diese Regelung wäre eine Win-Win – Situation für alle Beteiligten. Das Neugeborene könnte von Anfang an einen starken Bezug zu beiden Elternteilen aufbauen, die Mutter würde bei der schweren Aufgabe der Kinderbetreuung spürbar entlastet und für die Vater-Kind – Beziehung wäre eine solche Auszeit ebenfalls ein Gewinn.
Auch die Arbeitgeber würden vom Vaterschaftsurlaub profitieren. Dauerhaft eingespannt zu sein und das Gefühl zu haben, die Frau mit den Sorgen und der Arbeit zu Hause alleinzulassen, belastet auch die Väter. Wie viel motivierter wären sie, wenn man ihnen gleich zu Beginn ihrer Elternzeit die Zeit gibt, sich an die neue Situation zu gewöhnen, anstatt vorschnell zu Normal überzugehen?
Fortschritt auf dem Papier
Mancheiner mag einen kurzzeitigen Vaterschaftsurlaub für überflüssig halten. Immerhin gibt es bereits seit Jahren flexible Teilzeitmöglichleiten für Mütter und Väter. Zwischenzeitlich kann man die Elternzeiten sogar splitten, damit beide Elternteile abwechselnd für das Kind dasind.
Trotz dieser fortschrittlichen Regelung sieht die Realität in vielen Fällen noch immer anders aus. Das Einkommen der Männer liegt auch heute teilweise erheblich über dem ihrer Frauen. Wer in Elternzeit geht, hängt maßgeblich von der Höhe des Gehalts ab. Bei diesem Ungleichgewicht sind es folglich die Frauen, die zugunsten ihrer Männer auf eine geregelte Erwerbstätigkeit verzichten.
Gemeinsam für’s Kind
Ein garantierter Vaterschaftsurlaub ist daher eine sinnvolle Ergänzung zu bereits bestehenden Teilzeitmodellen. Er ermöglicht es allen Vätern, in den ersten zwei Wochen nach der Geburt bei ihren Kindern zu sein. Das stärkt nicht nur die Bindung zwischen den beiden, es ermuntert die Väter außerdem dazu, gemeinsam mit ihren Partnerinnen von den Teilzeitregelungen Gebrauch zu machen.
Die Frauen hingegen würden nicht den Anschluss an die Arbeitswelt verlieren. In vielen Fällen scheiden Mütter heute teilweise für mehrere Jahre aus dem Berufsleben aus. Auf dem freien Markt kann das schnell zum Karrierekiller werden. Auf diese Weise werden viele Frauen vor eine Entscheidung gestellt, die sie nicht treffen müssen sollten. Für eine fortschrittliche und gleichberechtigte Gesellschaft ist das eine Selbstverständlichkeit.