Hauptargument Moral

Lesedauer: 8 Minuten

Die Stimmen, die nach Einschränkungen für Nicht-Geimpfte rufen, werden aktuell wieder lauter. Man möchte nicht tatenlos dabei zusehen, wie sich ein Teil der Bevölkerung der Impfung verweigert und dabei andere Menschen gefährdet. Immer seltener geht es bei den folgenden Debatten aber um den Schutz von Menschenleben. Gesprächsziel ist immer häufiger, Andersdenken ein schlechtes Gewissen zu machen und sie zu schlechten Menschen zu degradieren. Diese Diskussionskultur treibt die Menschen auseinander in einer Zeit, in der sie eigentlich zusammenstehen sollten.

“Schon geimpft?” – Keine Frage bekommt man dieser Tage häufiger gestellt als die Frage nach dem Impfstatus. Man begegnet ihr in nahezu jeder Lebenslage – auf der Arbeit, in der Schule, im Gespräch mit Freunden, im Kreise der Familie und selbstverständlich beim Arzt. Seit nahezu jedem erwachsenen Menschen in Deutschland ein Impfangebot gemacht werden kann, ist das neue „Wie geht’s?“ aus keinem Gespräch mehr wegzudenken. Und wehe dem, der diese Frage mit „Nein“ beantwortet.

Keine schöne Diskussion

Die Verneinung dieser Frage zieht nämlich fast zwangsläufig eine zähe und wenig ergiebige Diskussion nach sich. Nachdem klipp und klar feststeht, dass die fehlende Impfung nicht auf Terminfindungsschwierigkeiten, sondern auf eine generelle Ablehnung der Corona-Impfung zurückzuführen ist, beginnt eine tretmühlenartige Tortur, die für beide Seiten ausgesprochen unangenehm ist.

Fragen wie „Willst du etwa, dass alle Geschäfte geschlossen bleiben?“ oder „Du weißt aber schon, dass so ein Verhalten zu mehr Toten führt?“ beenden eine argumentative Auseinandersetzung, bevor sie begonnen hat. Solche infamen Unterstellungen drängen den Nicht-Geimpften sogleich in eine Ecke, in die er in vielen Fällen nicht gehört. Der Verweigerer wird gleichgesetzt mit Querdenkern und Verschwörungstheoretikern, die die Wirksamkeit von Impfungen generell in Zweifel ziehen. Der Skeptiker gilt fortan als schlechter Mensch, als Unheilsbringer, der seine Entscheidung gegen eine Impfung leichtfertig aus dem Handgelenk geschüttelt hat.

Verhärtete Fronten

In den meisten Fällen stimmt das nicht. In Deutschland nehmen derzeit viele Menschen jenseits der Risikogruppen das umfassende Impfangebot wahr. Es gibt aber weiterhin eine beträchtliche Zahl an Personen, die sich nicht impfen lassen. Sie tun das aus unterschiedlichen Gründen. Manche davon sind unbelehrbare Schwurbler, viele andere hingegen mündige Bürger, die sich die Entscheidung alles andere als leicht gemacht haben. Beim Outing als Nicht-Geimpfte finden sich die Betroffenen in der Rolle des schlechten Menschen wieder.

Diese Einordung ist verkürzt, ungerecht und führt bei den Betroffenen selten zu einer Änderung ihrer Sichtweise. Denn kein Mensch möchte schlecht sein. Menschen lieben das Gefühl, das richtige zu tun und im Recht zu sein. Würde ein Nicht-Geimpfter einlenken und sich doch zu einer Impfung durchringen, müsste er im gleichen Moment zugeben, dass er zuvor tatsächlich ein schlechter Mensch war. Auf sein Konto gingen dann ewige Lockdowns, Schulschließungen und Todesfälle. Diese Last will niemand tragen. Konfrontiert der Befürworter den Gegner mit solchen Vorwürfen, bleibt die Impfentscheidung negativ.

Beide Seiten verharren dabei auf ihren Positionen. Keiner von beiden ist bereit, auf den anderen zuzugehen. Sie verheddern sich in dem Konstrukt, das sie für sich errichtet haben, um Andersdenkenden zu begegnen. Wenn der latente Vorwurf und der erhobene Zeigefinger die Diskussion anführt, werden beide Seiten für vernünftige Argumente immer unzugänglicher.

Freifahrtschein Impfung

Man darf bei der ganzen Debatte auch nicht vergessen, dass sich bereits ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung gegen das Coronavirus hat impfen lassen. Für eine Herdenimmunität reicht es noch nicht aus, zu wenig wirken die zugelassenen Vakzine gegen Infektionen, zu gering ist die Impfbereitschaft der Menschen. Verprellt fühlen sich viele der Ungeimpften durch eine Kampagne, die darauf ausgerichtet ist, Geimpften mehr Rechte einzuräumen als Nicht-Geimpften. Der Tenor ist stets, dass man darauf hinarbeitet, Einschränkungen für Geimpfte fallenzulassen und sie somit maßgeblich aus dem anstrengenden Kampf gegen die Pandemie zu entlassen. Völlig zurecht empfindet das die Gegenseite als ungerecht und vorschnell.

Diese Art der Diskussion verfehlt ihren eigentlichen Zweck, die Pandemie zu bekämpfen, gleich doppelt. Sie suggeriert einerseits, dass Geimpfte sprichwörtlich Narrenfreiheit haben und ihren Dienst getan haben. Beispielhaft dafür ist die Austragung der Fußball-EM im englischen Wembley-Stadion, wo sich 45.000 Menschen, zum großen Teil geimpft, dicht an dicht und ohne Maske zusammenfanden und dem Virus so enormen Vorschub leisteten. Diese großzügigen Lockerungen verleiten erst recht dazu, sich impfen zu lassen, auch wenn der Preis dafür hoch sein kann. Die Impfentscheidung ist dann hauptsächlich auf eine Sehnsucht nach dem Normalen, nach alltäglichen Bequemlichkeiten zurückzuführen. Sie ist in vielen Fällen unehrlich, was das verantwortungslose Verhalten vieler Betroffener drastisch untermauert.

Falscher Protest

Andererseits züchtet die Diskussion um mögliche Einschränkungen für Nicht-Geimpfte eine Generation an Märtyrern heran. Impfverweigerer fühlen sich in ihren Positionen immer weniger ernstgenommen, selbst wenn sie vernünftige und nachvollziehbare Argumente für ihre Entscheidung vorbringen können. Immer stärker verzichten sie nicht aufgrund von sachlichen Argumenten auf die Impfung, sondern weil sie die Nicht-Impfung als Akt des Protests empfinden.

Um auch diese Abweichler zu einer Impfung zu bewegen, stellt man ihnen nicht nur weitreichende Vergünstigungen in Aussicht, sondern baut auch den finanziellen Druck auf sie weiter aus. Die FDP gerierte sich stets äußerst kritisch, was eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland betraf. Nun stellte allerdings selbst Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der Partei, bei Markus Lanz ein Konzept vor, das einer Impfpflicht durch die Hintertür beachtlich nahekommt. Nach ihren Vorstellungen soll künftig jeder Ungeimpfte nur noch Anspruch auf einen kostenlosen Test pro Woche haben. Sie rechtfertigt das mit dem hohen finanziellen Aufwand, der auf Dauer nicht gestemmt werden kann.

Natürlich würde es enorme finanzielle Anstrengungen bedeuten, würde man das umfassende Testangebot aufrechterhalten. Bei teleskopierten, also verkürzten Testverfahren zur Entwicklung der Impfstoffe, bleibt uns aber gar keine andere Möglichkeit, als weiterhin breit zu testen. Denn lange ist nicht geklärt, wie gut die Präparate vor Infektionen schützen und wie infektiös Geimpfte tatsächlich sind. Die Erfassung solcher Daten ist deutlich schwieriger, wenn die Stoffe unkontrolliert verimpft werden. Verzichtet man zusätzlich auf die weitere Testung von Geimpften, sind solche Erkenntnisse aber schier unmöglich.

Eklatante Wissenslücken

Auch nach anderthalb Jahren Pandemie ist weiterhin nicht umfassend geklärt, inwieweit bestimmte Personengruppen durch das Virus bedroht sind und wo die gravierendsten Infektionsherde entstehen. Man hat weiterhin nicht systematisch ermittelt, wie hoch die Infektionsgefahr beim Einkaufen ist und wie hoch sie in deutschen Klassenzimmern ist. Das alles ist hauptsächlich auf ein völlig kaputtgespartes Gesundheitssystem zurückzuführen, welches bereits bei leicht steigenden Infektionszahlen an die Grenzen seiner Belastbarkeit bei der Infektionsnachverfolgung kommt.

Diese eklatanten Wissenslücken, die bei einem neuartigen Virus zunächst wenig verwunderlich sind, nutzen immer mehr Einflussnehmer für ihre eigenen Zwecke aus. Weil weiterhin nicht ganz klar ist, wie bedeutend Kinder bei der Weitergabe des Virus sind, erwägen viele nun ernsthaft, auch möglichst viele Kinder gegen das Coronavirus zu impfen. Dabei ist die Verträglichkeit der neuen Impfstoffe bei Kindern ein einziges Fragezeichen.

Immer weiter entfernt man sich von dem Motto „Schützt die Risikogruppen“ hin zur neuen Mission, die gesamte Bevölkerung zu impfen. Immer dreister wird versucht, den Nicht-Geimpften die Schuld für Online-Unterricht und Maskentragen in die Schuhe zu schieben. Sie versuchen von den wahren Gründen für die fortgeltenden strengen Maßnahmen abzulenken, welche sie selbst zu verantworten haben: eine marode Infrastruktur, fehlende Investitionen in Luftfilter und eine völlig unterfinanzierte Forschung, die sich nach naturwissenschaftlichen und nicht nach profitorientierten Maßstäben richtet.

Fakten statt Angst

Auch mit Angst lässt sich Politik machen. Dieses Prinzip war vielen Politikern lange vor Corona bekannt. Um die aktuelle Krise in den Griff zu bekommen, brauchen wir allerdings Entschlossenheit und Fakten. Besonders bei fortschreitender Impfkampagne erwies sich der vielgenutzte Inzidenzwert als wenig aussagekräftig. Erfasst werden verstärkt mittelschwere und schwere Krankheitsverläufe. Angebracht wäre eine Kennzahl, die schwere Krankheitsverläufe, beispielsweise auf der Intensivstation, in Relation zum gesamten Infektionsgeschehen und zu den verfügbaren Kapazitäten in den Krankenhäusern setzt. Auf diese Weise könnte das Gefährdungspotenzial des Virus deutlich treffender ermittelt werden.

Beide Seiten bei der Impfkampagne könnten von dieser Versachlichung profitieren. Die Übergänge könnten wieder durchlässiger werden. Man könnte wieder Debatten führen, ohne der anderen Seite das Gefühl zu geben, ein schlechter Mensch zu sein. Wir kommen nur gemeinsam durch die Pandemie. Lagerkämpfe bringen uns da nicht weiter.


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Der Impfstoff steht noch lange nicht allen Menschen zur Verfügung, da wird schon darüber diskutiert, was eine Impfung bedeutet – und was mit Nicht-Geimpften passieren soll. Die Palette reicht von dringenden Aufrufen über Sonderrechte für Geimpfte bis hin zu einer staatlich verordneten Impfpflicht. Viele dieser Debatten kommen viel zu früh und werden zudem völlig unreflektiert und kopflos geführt. Besonders etwaige Sonderrechte für Geimpfte öffnen die Hintertür für eine inoffizielle Impfpflicht.

Verfrühte Debatten

Eigentlich kann es zwischenzeitlich keiner mehr hören: Corona, Corona, Corona. Und doch gibt es immer jemanden, der noch eins draufsetzt. Vor wenigen Wochen war das noch der Bundesaußenminister Heiko Maas, der als völlig Fachfremder in den Kanon der Gastronomie einstieg und Sonderrechte für Geimpfte erwog. Diesen Vorfall konnte man vielleicht noch leicht abtun und schnell wieder zu den Akten legen. Die Entscheidung über solche Sonderrechte fiel schließlich nicht ins Ressort des Außenministers. Nun aber hat auch die Bundeskanzlerin sehr ähnliche Töne angeschlagen. In einem Interview mit der ARD gab sie unumwunden zu, dass auch sie Sonderrechte für bereits Geimpfte befürwortete.

Längst hat sich auch der Deutsche Ethikrat in diese Debatte eingeschaltet. Er betonte, dass er einer solchen Diskussion generell sehr skeptisch gegenübersteht. Außerdem verwiesen die Abgesandten darauf, dass solche Überlegungen viel zu früh kämen. Solange die Wirksamkeit und auch die Langzeitfolgen der neuartigen Impfstoffe nicht hinreichend erforscht wären, würde man der Pandemiebekämpfung eher schaden als nützen. Nach wie vor steht die Effektivität der Präparate in Zweifel. Es verdichten sich die Hinweise, dass die Wirkstoffe lediglich den Verlauf der Krankheit beeinflussen und auch die Weitergabe der Viren nicht effektiv eindämmen. Erst wenn alle diese Fragen geklärt wären, könnte man Sonderrechte zur Debatte stellen. Bereits im Vorfeld hatte sich der Rat gegen eine Impfpflicht positioniert.

Widerlegen statt rechtfertigen

Mit seiner Einschätzung hat der Ethikrat natürlich recht. Das Problem liegt allerdings noch tiefer. Die gesamte Diskussion über den Impfstoff läuft falschherum. Immer wieder wird die Wirksamkeit des neuen Stoffs spielend leicht in Frage gestellt. Es gibt in diesem Land vermutlich nur noch wenige Menschen, die ernsthaft davon ausgehen, dass der Impfstoff auch vor Infektionen schützt. Eigentlich müsste es doch so sein, dass die Forschung einen oder mehrere Präparate vorstellt und sich glaubhaft für deren Wirksamkeit verbürgt. Natürlich gäbe es auch dann den ein oder anderen Skeptiker, der seine Zweifel öffentlich kundtut. Die Wissenschaft könnte aber dann mit Argumenten und fundierten Erkenntnissen dagegenhalten. Momentan kann die Wissenschaft die Zweifel nicht entkräften. Sie ist in einer Rechtfertigungsposition, nicht in einer Widerlegungsposition.

Dazu kommt, dass die neuen Impfstoffe sehr zügig auf den Markt kamen. Schneller als jemals zuvor ist es Forschern gelungen, ein Vakzin zu entwickeln, dass nach Abschluss der ersten Forschungsphasen einen guten Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf bietet. Es ist wenig verwunderlich, dass die Forscher dabei so schnell waren, schließlich ist die Pandemie eine ernstzunehmende Gefahr. Die Langzeitfolgen des Impfstoffs konnten in dieser Zeit aber nicht erforscht werden. Es scheint beinahe so, als würden wir uns weiterhin in einer Forschungsphase befinden.

Wem gehört der Impfstoff?

Trotzdem ist es richtig, den Impfstoff bereits jetzt an solche Menschen zu verimpfen, die ein hohes Risiko haben, schwer an Corona zu erkranken. Das ändert allerdings nichts an den teilweise schrillen Tönen der Skeptiker und Impfgegner. Einige von ihnen mögen total wirr im Kopf sein, bei anderen ist die Skepsis wenig verwunderlich. Immerhin hat die Politik ihnen in den letzten Jahren reichlich Grund für Misstrauen gegeben.

Immer wieder mussten die Menschen erleben, dass gerade in Gesundheitsfragen selten das Wohlergehen der Patienten das Handeln bestimmte. Da ist die Privatisierung des Gesundheitswesens, die viele Krankenhäuser bankrottgehen ließ. Besonders privat versicherte Patienten erhalten Behandlungen, die medizinisch überhaupt nicht notwendig sind. Alles, um die Bilanz aufzupolieren. Und dann ist da noch der unsägliche Streit über die Patente der Impfstoffe. Wenn es der Pharmaindustrie wirklich um die Gesundheit der Menschen ginge, dann würde sie sich bei der Veröffentlichung der Patente nicht so beknien lassen. Natürlich ruft ein solches Verhalten Argwohn hervor. Wo liegen die wirklichen Interessen der Pharmakonzerne? Absolut legitim ist auch die Frage, warum nicht mit der gleichen Inbrunst an Medikamenten gegen schwere Covid-Verläufe geforscht wurde. Ein Schelm, wer hier Profitinteresse vermutet.

(K)ein Herz für Gastronomen

Die Debatte um Sonderrechte für Geimpfte entspringt übrigens nicht originär der Regierung oder der Politik. Angestoßen wurde sie von der Gastronomie und Kultureinrichtungen, die von der Krise schwer gebeutelt sind. Härter als viele andere Wirtschaftsbereiche hat die Krise sie getroffen. Über Wochen und Monate waren und sind sie gezwungen, den Betrieb einzustellen und auf Umsätze zu verzichten. Das fehlende Geld wird von den staatlichen Hilfen entweder nur teilweise kompensiert oder es kommt viel zu spät an. Man kann es diesen Branchen nicht verübeln, dass sie nach anderen Wegen suchen, Umsatz zu generieren.

Anstatt aber bei den versprochenen Coronahilfen kräftig nachzubessern und wirklich die zu unterstützen, die Hilfe am dringendsten nötig haben, springt manch ein übermotivierter Außenminister, und jetzt auch noch die Kanzlerin, auf den Zug der Sonderrechte mit auf. Mit keiner Silbe erwägen diese Politiker, dass der Lockdown in der jetzigen Form vielleicht sein Ziel verfehlt. Wir haben Winter und es ist kalt. Die Zahlen sprangen aber besonders am Ende des letzten Jahres so explosionsartig in die Höhe, dass man sich schon fragt, wie das bei geschlossenen Restaurants und Kinos überhaupt möglich ist.

Impfpflicht durch die Hintertür

Auf jeden Fall gibt es genügend Gastronomen, die nun Einlassbeschränkungen abhängig vom Impfstatus der Gäste erwägen. Sie begründen das mit dem Schutz ihrer Beschäftigten. Dieses Argument ist aber ebenso scheinheilig wie entlarvend. Eine solche Praxis würde doch zwangsläufig zu einer großflächigen Impfpflicht führen – nicht nur für die Gäste solcher Einrichtungen. Die jetzt freigegeben Impfstoffe schützen nämlich nicht vor einer Weitergabe der Viren. Auch Geimpfte können ansteckend sein. Um auch das Personal vor schweren Erkrankungen zu schützen, ist also auch eine Impfung der Mitarbeiter notwendig. Was für Gäste gilt, gilt also auch für die Belegschaft: Bist du nicht geimpft, dann kommst du nicht rein.

Hier wird also gezielt eine Impfpflicht durch die Hintertür installiert. Wer seinen Job behalten möchte, der sollte besser zur Impfung gehen. Den Beschäftigten wird dazu in vielen Fällen ein schlechtes Gewissen eingeredet. Man stellt sie als verantwortungslose Virenschleudern hin, die der Ausbreitung des Virus angeblich enormen Vorschub leisten. In vielen Pflegeeinrichtungen ist diese Vorgehensweise inzwischen Gang und Gäbe.

Nie wieder Kneipe?

Und was passiert eigentlich mit Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können? Wenn sie beispielsweise den Wirkstoff nicht vertragen? Dürfen solche Menschen dann nie wieder in die Kneipe? Erhalten sie dann ein lebenslanges Berufsverbot? Das gesamte System hinkt hinten und vorne, weil es nur dann Sinn machen würde, wenn der Impfstoff zuverlässig vor Infektionen schützen würde und klare Regeln für Ausnahmefälle vorliegen würden.

In ihrer derzeitigen Form sind sämtliche Corona-Impfstoffe lediglich vorbeugende Medikamente, die vor schweren Krankheitsverläufen schützen. Das macht das Virus zwar kurzzeitig beherrschbarer, dämmt eine Ausbreitung aber nicht effektiv ein. Die jetzige Taktik kann das Gesundheitssystem entlasten, führt aber unter Umständen zu noch mehr gefährlichen Mutationen, vor denen die jetzigen Impfstoffe nicht mehr schützen könnten. Vielleicht ist es ein Fehler, so viel Hoffnungen in die Impfungen zu stecken. Vielleicht wäre es besser, gezielt Medikamente zu entwickeln, auf die alle die zugreifen können, die wider Erwarten schwer an Corona erkranken.


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Gute Bürger, schlechte Bürger

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Seit Ausbruch der Pandemie setzten viele ihre Hoffnung in einen geeigneten Impfstoff. Zwischenzeitlich sind mehrere Präparate zugelassen. Die Impfdosen reichen aber bei weitem nicht aus, um alle Menschen zu impfen. Darum erhalten zunächst die Risikogruppen das Privileg einer Impfung. Doch lange bevor die neuen Impfstoffe für die Allgemeinheit zugänglich sind, zettelt mancheiner Debatten an, die spalten statt einen. Dabei ist ein solidarisches Miteinander weiterhin das Gebot der Stunde.

SPD, oh weh, oh weh

Es ist der 14. Januar 2021 und Helge Lindh schreitet ans Rednerpult des Bundestags. Zur Debatte steht ein Antrag der AfD zur Rettung der deutschen Sprache. Der SPD-Mann zerlegt diesen Antrag auf eine besonders kreative Art und Weise: In Reimform nimmt er den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln. Der Rest des Bundestags ist erheitert und applaudiert. Die AfD schmollt. Was für eine tolle Rede, was für ein ehrenwerter Sozialdemokrat! Beinahe ist man geneigt, in den Applaus für die SPD miteinzustimmen, diese Partei dafür zu feiern, dass sie Rechtsaußen so mutig die Stirn bietet.

Und dann kommt Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und macht diese kurze Sympathie für die ehemalige Volkspartei sogleich zunichte. Ausgerechnet gegenüber der BILD-Zeitung äußert er einen derart populistischen und kurzsichtigen Vorschlag, dass sich die AfD davon am liebsten eine Scheibe abschneiden würde. Maas plädierte doch tatsächlich dafür, dass bereits geimpfte Personen in den Genuss von Lockerungen der Corona-Maßnahmen kommen sollten. Anscheinend sieht er das als besonderen Anreiz für eine Impfung. Die absolute Krönung des ganzen ist aber seine Begründung: Geimpfte Personen würden schließlich niemandem ein Beatmungsgerät wegnehmen.

Gute Menschen, schlechte Menschen

Das Undenkbare ist passiert: Ein selbsternannter Sozialdemokrat möchte die Bevölkerung aufteilen in gute und in schlechte Menschen. Die guten sind gut, weil sie ihrer obersten bürgerlichen Pflicht nachkommen und sich impfen lassen. Die anderen sind schlecht, weil sie Bedenken haben und anderen Menschen großkotzig Beatmungsgeräte wegnehmen. Man kennt es: Fast jeder Impfgegner hat zu Hause ein Beatmungsgerät stehen, das er regelmäßig vor Pflegeheimen und Krankenhäusern zur Schau stellt.

Dieses Problem dürfte nun aber obsolet sein. Maas‘ Ansprache dürfte dafür gesorgt haben, dass sich sämtliche Skeptiker eines besseren besonnen haben und nun zusätzlich die Impfzentren stürmen. Das Argument mit den Beatmungsgeräten wird eine Vielzahl von ihnen überzeugt haben. Sie fühlen sich dadurch in ihren Sorgen ganz bestimmt ernstgenommen.

Blankoscheck und Impfung

Doch mal im Ernst: Heiko Maas wird sich in Zukunft sicher hinter der Ausrede verstecken, er hätte ja gar nicht eine solche Debatte lostreten wollen. Dann ist sich der gute Mann der Reichweite seiner Worte als Politiker aber nicht bewusst. Mit seinem Plädoyer für Sonderrechte spaltet er die gebeutelte Gesellschaft zusätzlich, weil er damit all diejenigen, die dem Impfstoff skeptisch gegenüberstehen, in Misskredit bringt und jede seriöse Diskussion im Keim erstickt.

Obwohl die Wirksamkeit des Präparats weiterhin in Zweifel steht, will er allen Ernstes, dass Geimpfte ungeschützt auf den Rest der Bevölkerung losgelassen werden. Es ist doch noch überhaupt nicht geklärt, ob der Impfstoff auch vor einer Übertragung des Virus schützt. Es ist doch noch überhaupt nicht sicher, wie lange der Wirkstoff anhält. Und auch die Langzeitfolgen des Stoffs sind weiterhin nicht bekannt. Selbst die intensivsten Forschungen in den letzten neun Monaten liefern solche Erkenntnisse nicht.

In dieser unklaren Situation wagt es Herr Maas wirklich, mit der Verunsicherung der Menschen so fahrlässig zu spielen? Viele Skeptiker sind doch keine eingefleischten Impfgegner, die sich nur mit Aluhüten aus dem Haus trauen. Die Politik ist einfach nur nicht in der Lage dazu, den Menschen nachvollziehbar ihre Anti-Corona – Strategie zu erklären. Stattdessen schwingt sich Herr Maas zum Oberpopulisten auf und hängt sich unreflektiert an die Forderungen der Gastronomie dran. Natürlich möchten die Gastronomen wieder Einnahmen generieren, natürlich suchen sie nach einem Ausweg. Aber es ist doch wohl die verfehlte Corona-Politik, die sie Dinge wie Sonderrechte für Geimpfte fordern lässt. Anstatt dieses Armutszeugnis zur Kenntnis zu nehmen, schüttet unser Außenminister lieber fleißig Öl ins Feuer und raubt seiner Partei weitere zwei ihrer ohnehin rar gewordenen Prozentpunkte.

Impfzwang in Weiß

Aber nicht nur unser werter Herr Außenminister würde die Welt gerne in gute Menschen und in schlechte Menschen aufteilen. Auch deutsche Pflegekräfte werden dieser Tage massiv unter Druck gesetzt. Als hätten sie bei den Arbeitsbedingungen der Branche nicht schon genug Sorgen, wird ihnen nun eine Impfung mit den neuartigen Präparaten „nahegelegt“. Viele Pflegekräfte berichten davon, dass ihnen die Arbeitgeber andernfalls indirekt mit Kündigung drohen, einigen anderen wurde bereits gekündigt.

Von den Pflegekräften wird allen Ernstes erwartet, dass sie sich einen Stoff injizieren lassen, der noch nicht abschließend erprobt ist. Langzeitstudien fallen bei einer Forschungsdauer von neun Monaten flach und auch mit dem mRNA-Verfahren betreten die Virologen absolutes Neuland bei Impfungen. Es ist absolut unverantwortlich, dass hier eine Impfpflicht durch die Hintertür ermöglicht werden soll.

Allein das Signal ist fatal: So reden die Klinikleitungen den Pflegerinnen und Pflegern ein, eine Ablehnung des Impfangebots sei unvernünftig. Sie appellieren an ihr Verantwortungsgefühl, dass sie ohne Impfung ein Risiko für Patienten und Pflegebedürftige seien. Bitte was?! Das gesamte Jahr 2020 war mangelhafter Schutz bei Pflegepersonal überhaupt kein Thema. Schutzausrüstung war nicht in ausreichendem Maße verfügbar, teilweise mussten Pflegerinnen und Pfleger krank zur Arbeit kommen. Aber sobald die Maßnahme dem Personal obliegt, werden sie wie gewissenslose Virenschleudern behandelt, wenn sie Bedenken gegen den neuen Impfstoff anmelden. Und ich dachte, ein niedrigeres Niveau als der tatenlose Applaus im Frühjahr kann nicht erreicht werden…

FFP2 statt weniger Kontakte

Den absoluten Tiefpunkt in der Debatte um Corona-Prävention hat vor kurzem der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eingeläutet. Er verhing eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken. Zwischenzeitlich hat sich auch die Bundesregierung an diese Forderung drangehängt. Nun ist unbestritten, dass diese Masken einen besseren Schutz bieten als Einwegmasken und Stoffmasken. Dieser effektivere Schutz hat aber seinen Preis. So kostet ein Exemplar dieser Masken gerne an die 4 Euro. Da man diese Masken nur einige Stunden am Stück tragen soll, kann da schon einmal ein stattliches Sümmchen zusammenkommen. Um gerade die Sozialschwachen zu entlasten, übernehmen die Krankenkassen einen Großteil der Kosten. Lediglich 2 Euro haben Menschen beizusteuern, deren Geld bereits unter normalen Umständen hinten und vorne nicht reicht. Sollten sie die Masken von Berufs wegen mehrere Stunden täglich tragen müssen, verpufft ein Teil dieser generösen Geste sogleich wieder.

Es ist bezeichnend, dass in die Verschärfung der Maskenpflicht so viel Ressourcen und Energie gesteckt wird. Die FFP2-Masken bieten nämlich auch dann einen besseren Schutz, wenn das Abstandsgebot nicht eingehalten werden kann. In Bussen und Bahnen ist das häufig der Fall. Anstatt dafür zu sorgen, dass die Menschen auch an diesen Orten Abstand zueinander halten können, wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Mit der Adhoc-Lösung der FFP2-Masken soll verschleiert werden, dass man die Pandemiepause im Sommer nicht dazu genutzt hat, sich gegen eine zweite Welle des Virus zu wappnen.

Das drängendste Problem ist derzeit doch nicht, dass zu wenig Masken verfügbar sind, welcher Art auch immer, sondern dass es noch viel zu viele Kontakte zwischen den Menschen gibt. Eine verschärfte Maskenpflicht ist da eine sinnvolle Behelfslösung, aber sie kann doch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Solange Kontakte nicht zielgenauer eingeschränkt werden, ändern auch die vielgelobten FFP2-Masken wenig am Infektionsgeschehen. Die Zahlen mögen dieser Tage sinken, aber 17.000 Neuinfektionen sind eben auch kein Grund, sich auf die Schulter zu klopfen. Sie sind eher Zeichen dafür, dass vieles verschlafen wurde und Debatten um Impfpflicht und FFP2 eigentlich am Thema vorbeigehen.

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