Die Frustkescher

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Im Frühjahr 2020 überschlugen sich die Ereignisse. Nachdem das Infektionsgeschehen auch in Deutschland außer Kontrolle zu geraten drohte, ergriff die Bundesregierung drastische Maßnahmen zur Eindämmung der Gefahr. Statt zu applaudieren, beschwor die AfD einen schier unaufhaltsamen Weg in die Diktatur. Und das, obwohl sie ebendiese Maßnahmen wenige Wochen zuvor noch lautstark gefordert hatte. Die Zustimmungswerte der Rechtspopulisten streifte das nur peripher. Es wird immer deutlicher, dass es vielen Leuten gefällt, dagegen zu sein. Dahinter steckt nachhaltige Enttäuschung und Frustration.

Seit etwas mehr als einem Jahr leidet die Welt unter Corona. Nachdem das Virus bereits im Januar 2020 auch außerhalb Chinas festgestellt wurde, artete das Infektionsgeschehen rasend schnell zur Pandemie aus. Am 27. Januar 2020 wurden schließlich die ersten Corona-Fälle in Deutschland bekannt. Viele Menschen waren völlig zurecht besorgt. Man war beunruhigt, weil so wenig über das neuartige Virus bekannt war, außer dass es teilweise verheerende Krankheitsverläufe gab, die nicht selten tödlich endeten. Es blieb nicht bei einigen wenigen Fällen in Deutschland. Im Frühjahr suchte die erste Welle der Pandemie sämtliche europäischen Länder heim. Allein in Deutschland registrierte man zeitweise bis zu knapp 8.000 Neuinfektionen an einem Tag.

Alles auf Lockdown

Die Menschen hatten Angst. Das erkannte auch die Politik und leitete Maßnahmen ein. Geschäfte schlossen, Menschen blieben über Ostern zu Hause, Schulen und Kitas machten zu, eine Maskenpflicht wurde verhängt – mit diesen Maßnahmen versuchte die Bundesregierung, eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Zu den ärgsten Verfechtern dieser Maßnahmen der ersten Stunde gehörte – man lese und staune – die AfD.

Die Rechtspopulisten erkannten noch vor der Bundesregierung die Tragweite der neuen Krankheit. Sie wussten als erste, wie gefährlich das Virus war und dass man schnell gegenlenken musste. Früher als alle anderen forderten sie eine harte Gangart im Umgang mit dem Erreger. Inbrünstig rief Rechtsaußen nach knallharten Regeln wie sie bereits in Italien zum Einsatz kamen. Ihnen gefiel, wie das südeuropäische Land die Pandemie managte.

Nachdem das Infektionsgeschehen auch in Deutschland immer schwerer kontrollierbar wurde, ließ sich die Bundesregierung schweren Herzens auf solch einschneidende Maßnahmen ein. Auch wenn der ökonomische Schaden überhaupt nicht absehbar war, fuhr sie die Wirtschaft konsequent herunter. Die Bürgerinnen und Bürger bat sie eindringlich, auf unnötige Kontakte zu verzichten und zu Hause zu bleiben. Es ist dem disziplinierten Verhalten der Vielen zu verdanken, dass es im Sommer einige Wochen der Entspannung mit nur noch wenigen hundert Neuinfektionen pro Tag gab.

Hauptsache anti

Eigentlich alles tutti für die AfD könnte man meinen. Doch so überraschend wie Darmwinde kommen und gehen, drehte sich auch bei den Rechtspopulisten der Wind. Forderten sie im Februar noch eine harte Gangart, wollten sie von solchen Erwägungen wenige Monate danach nichts mehr wissen. Sie schlossen sich einer immer lauter werdenden Minderheit in der Bevölkerung an, die das Land im strammen Marsch hin zu einer Diktatur sah.

Und die Wähler der AfD? Ungeachtet dieser spektakulären 180-Grad – Wendung blieben die Umfragewerte der Partei ziemlich konstant. Die blau lackierten Faschisten hatten sich schon vor Corona in einem Umfragetief verfangen. Kamen sie bei der Bundestagswahl 2017 noch auf fast 13 Prozent der Stimmen, suggerierten neuere Umfragewerte eine Zustimmung von lediglich etwa 9 Prozent. Der ausgebliebene deutliche Einbruch bei diesen Werten lässt nur einen Schluss zu: Die AfD wendet sich immer unvoreingenommen gegen alles, was von der Regierung kommt – und den Wählern gefällt’s. Wie keine andere Partei versteht die AfD es meisterlich, die Frustration derer zu bündeln, die sich schon lange enttäuscht von der Politik abgewendet haben. Dieser rechtspopulistische Opportunismus offenbart einen großen Vertrauensverlust gegenüber der Politik und der Demokratie. Diese Menschen sind der festen Überzeugung, dass alles schlecht ist, was von der herrschenden Politik kommt. Sie wurden einfach zu oft enttäuscht.

Bloß nicht AfD

Corona mag die Umfragewerte der Unionsparteien beflügelt haben. Wie bei keiner anderen Partei schnellten die Zustimmungswerte der Konservativen während der ersten Welle der Pandemie in die Höhe. Man schien Merkels Partei einen souveränen Umgang mit dem Virus zuzutrauen. Trotzdem vermochte es auch die Union nicht, der AfD endgültig den Garaus zu machen. Es gelang den regierungstragenden Parteien weiterhin nicht, den Rechtspopulisten das Wasser abzugraben. Dabei machte es die AfD den anderen Parteien durch ihre krasse Kehrtwende in der Corona-Politik doch nun wirklich nicht sonderlich schwer.

Die schwindende Zustimmung zur AfD seit 2019 ist einzig damit zu erklären, dass einige ihrer Wähler eingesehen haben, dass auch von dieser Partei keine Politik in ihrem Sinne zu erwarten ist. Zu den verfemten Altparteien führte sie das nicht. CDU, SPD und Grüne nannten den Wählerinnen und Wählern immer wieder hunderte von Gründen, die AfD nicht zu wählen. Eines blieben sie den Menschen dabei aber schuldig: Einen einzigen Grund stattdessen sie zu wählen.

Politik von oben

Somit ist eigentlich sicher, dass die meisten der AfD-Abtrünnigen nicht zu CDU oder SPD zurückkehrten. Viele von ihnen werden dem Politikbetrieb stattdessen für immer den Rücken gekehrt haben. Sie sind endgültig Nichtwähler geworden. Auch der prozentuale Anteil dieser Gruppe hat sich in den Statistiken der letzten Monate kaum verändert. Das liegt aber vor allem daran, dass Statistiken dazu neigen, Unentschlossene und Nichtwähler zusammenzufassen. Die Aussagekraft dieser Kohorte ist also eingeschränkt.

Stattdessen klaute sich die Union die Stimmen munter bei anderen Parteien. Nachdem sie einsehen musste, dass das bei den Sozialdemokraten aufgrund mikroskopischer Umfragewerte nicht mehr lange möglich sein wird, boten sie nun auch gutverdienenden Grünen-Wählern ein politisches Zuhause. Gerade unter diesen grunddemokratischen Gutwählern werden sie aber kaum jemanden finden, der nachhaltig von der Politik der letzten Jahre enttäuscht wurde. Immer offensichtlicher machen die selbsternannten Parteien der Mitte fast ausschließlich denen ein politisches Angebot, die an einem Weiter-so der Politik Interesse haben – oder es zumindest gut verkraften können.

9 Prozent verloren?

Dass eine in Teile offen rechtsextremistische Partei mit einem zweistelligen Ergebnis in den Bundestag einzieht, hätte eigentlich ein Weckruf sein müssen. Anstatt aber die Gründe für das Erstarken der Rechten kritisch zu hinterfragen, suchten vor allem die Regierungsparteien die Schuld fast ausschließlich bei den Wählerinnen und Wählern. Man zeigte sich empört darüber, dass es Menschen gab, die ihre Stimme allen Ernstes einer Partei schenkten, die von einem Mahnmal der Schande sprach und an der Grenze am liebsten auf Flüchtlinge schießen würde. Die Frage nach der eigenen Schuld trat stets hinter selbstgerechten Bevormundungen der Wähler zurück.

Auch in der jetzigen Situation wird viel zu wenig hinterfragt, was 9 Prozent der Bevölkerung dazu veranlasst, weiter zur AfD zu halten. Mit ihrem obskuren Bäumchen-wechsle-dich – Spiel in der Corona-Politik haben die Rechten doch bewiesen, dass von ihnen kein großer Wurf zu erwarten ist. Ihr Einzug in den Bundestag war vielleicht die letzte Chance, davongelaufene Wähler zurückzugewinnen. Dass diese nach dem Corona-Trauerspiel weiterhin der AfD vertrauen oder sogar bereits zu Nichtwählern wurden, ist Beleg genug, dass auch dieser Weckruf verschlafen wurde.

Es zeigt natürlich, dass die AfD ihren Wählern viel eingeredet hat. Dass wir auf dem Weg in eine Diktatur sind und dass im Parlament ein Ermächtigungsgesetz durchgedrückt werden soll, ist vollkommener Blödsinn. Trotzdem wären die Rechten mit ihren Parolen auf taube Ohren gestoßen, wenn sich die Menschen von der Politik vertreten und ernstgenommen gefühlt hätten. Der Schulz-Hype war vielleicht die letzte Chance der SPD, eine Veränderung im Land herbeizuführen. Der ehemalige Kanzlerkandidat sprach augenscheinlich zunächst die Sprache der Mehrheit. Als jedoch klar wurde, wie mut- und kraftlos sein Programm war, wendeten sich die Menschen wieder ab.


Die AfD wird in diesem Land nichts zum Guten verändern können. Sie kann spalten und Angst machen. Aber sie kann auch Menschen politisieren, die lange die Hoffnung aufgegeben hatten. Statt dieses Potenzial zu nutzen und die Menschen von den eigenen Ideen zu überzeugen, überließ man sie ungläubig der AfD. Die verliert aber an Rückhalt. Die demokratischen Parteien können nur sehr wenige von ihnen auffangen. Der Rest hat noch nachdrücklicher das Gefühl, dass ihre Meinung keinen interessiert.


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Abgeschrieben

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Joe Biden hat die US-Wahl gewonnen. An dieser Gewissheit führt kein Weg mehr vorbei. Auch nicht für Donald Trump, der ja schon immer ein ganz spezielles Verhältnis zur Wahrheit hatte. Wahr ist aber auch, dass fast die Hälfte der Amerikanerinnen und Amerikaner überhaupt kein Kreuzchen gemacht haben. Eine neoliberale Politik aus Privatisierung und Marktradikalismus hat sie immer weiter von der Demokratie weggetrieben. Sie fühlen sich nicht mehr vertreten und bleiben im schlimmsten Fall zu Hause. Urplötzlich gibt es zu der demokratischen Option eine extremistische Alternative…

Pest und Cholera

Die Wahlen in den USA waren eine knappe Kiste. Obwohl Biden seinen Vorsprung gegen Trump weiter ausbaut, haben beachtlich viele Menschen für den noch amtierenden Präsidenten gestimmt. Ähnlich wie vor vier Jahren zeigen sich viele entsetzt darüber, wie man einen Mann wie Donald Trump überhaupt wählen kann. Dabei liegt die Antwort doch auf der Hand. Wenn mir einer der beiden Präsidentschaftskandidaten nicht behagt, dann wähle ich den anderen. Oder ich bleibe der Wahl ganz fern, wenn mir auch der Gegenkandidat so gar nicht zusagt.

Denn seit Jahrzehnten ist die Wahlbeteiligung in den USA besorgniserregend niedrig. Das hat natürlich mehr als einen Grund. Aber ein ganz entscheidender ist die Alternativlosigkeit, die sich den Menschen in den USA auftut. In dem Land gibt es im wesentlichen zwei Parteien – die Demokraten und die Republikaner. Ein Wechsel zwischen diesen beiden Wahlentscheidungen ist nicht so leicht, wie man ihn sich vielleicht vorstellt. Denn die beiden Parteien, so ähnlich ihre Politik manchmal auch scheinen mag, folgen zwei völlig unterschiedlichen Wertekanons. Jemand, der sonst immer Demokraten gewählt hat, dann immer wieder enttäuscht wurde, wird trotzdem nicht so einfach Republikaner wählen. Da wird einem schon fast ein Charakterwechsel abverlangt. Stattdessen verkriechen sich viele in das Lager der Nichtwähler. Und das umfasst seit mehreren Dekaden fast die Hälfte der wahlberechtigten Amerikaner.

Ein schwerer Kompromiss

In anderen demokratisch verfassten Ländern ist ein Wechsel zu einer anderen Partei schon leichter. In vielen dieser Länder ist die Parteienlandschaft schließlich wesentlich differenzierter. Wem hierzulande die SPD nicht mehr links genug ist, der geht zur Linken. Wer im Handeln der CDU keine konservative Politik mehr erkennt, der wandert zur AfD ab. Wer in den USA allerdings mit übertriebenem Patriotismus, mit einem vollends entfesselten Marktradikalismus und mit der Parole „America first“ nichts anfangen kann, der hat schlicht und ergreifend keine andere Wahl als Joe Biden oder die eigenen vier Wände.

Im Prinzip wird vielen Amerikanern bei der Wahl ein besonders schwerer Kompromiss abverlangt. Nur zähneknirschend werden viele ihre Wahl getroffen haben. Dabei würde sich echter politischer Pluralismus gerade in einem so bevölkerungsreichen Land wie den USA lohnen. Zwei Parteien reichen in einem Land mit mehr als 300 Millionen Einwohnern einfach nicht aus.

Nun hat man in den USA zwei Parteien, die die Interessen aller abdecken sollen. Gut, die beiden Parteien trennen zwei völlig unterschiedliche Weltbilder. Ihre Politik ist sich aber in zu vielen Punkten zu ähnlich. Das haben nicht erst gestern auch viele US-Amerikaner erkannt. Sie haben es mit zwei großen Parteien zu tun, die beide am neoliberalen Kapitalismus festhalten und seit Anbeginn aller Zeiten davon ausgehen, dass der Markt alles regelt. Wohin das geführt hat, haben wir in den letzten vier Jahren zur Genüge gesehen: Donald Trump war Präsident.

motherlode

Die allermeisten Amerikaner leben heute in einem Land, in dem der vielgepriesene amerikanische Traum genau das ist: ein Traum. Kaum jemand steigt in den USA heute noch vom Tellerwäscher zum Millionär auf. Egal wie sehr sie sich abmühen, mit sozialem Aufstieg werden nur ganz, ganz wenige belohnt. Lange vorbei sind die Zeiten, wo man sich vom kleinen Paketezusteller zum Top-Manager eines Konzerns mausern konnte. Dieses Szenario gibt es heute nur noch bei den Sims. Und selbst dort nur mit Cheats.

Trotzdem werden amerikanische Politiker nicht müde, die USA als Land der unendlichen Möglichkeiten über den grünen Klee zu loben. Immer wieder heizen sie ihren Wählerinnen und Wählern ordentlich ein, denn mit ausreichend viel Fleiß und Ehrgeiz kann es doch jeder zu was bringen. Diese verfaulte Karotte binden sie ihrem Volk immer wieder vor das Gesicht und wundern sich, dass inzwischen fast niemand mehr zuschnappt.

Gute Preise, keine Besserung

An den Lebensrealitäten der Amerikaner gehen diese Versprechungen allerdings vorbei. Einer steilen Karriere inklusive Familienglück und dem nötigen Kleingeld werden viele nicht abgeneigt sein. Zu allererst wünschen sich sehr viele Amerikaner aber eine Krankenversicherung, die sie tatsächlich im Krankheitsfall auffängt. Stattdessen wird zu vielen eine angemessene Behandlung verweigert, weil angeblich ihre Leistungsfähigkeit dazu nicht ausreicht. Diese miserablen Zustände in der Gesundheitsversorgung der USA haben eine so katastrophale Ausbreitung des Coronavirus in dem Land erst möglich gemacht.

Und auch die Omnipräsenz von Waffengewalt dürfte vielen Menschen ein Dorn im Auge sein. Fast jeder darf in den USA ganz legal eine Waffe bei sich tragen. Die Waffengesetze variieren zwar von Bundesstaat zu Bundesstaat, doch trotzdem gibt es Bezirke in den USA, bei denen man froh sein muss, ohne Kugel im Kopf wieder rauszukommen. Kein einziger Präsident hat diesem wilden Treiben der Waffenlobby bisher Einhalt geboten. Warum sollten sie auch? Sie verdienen ja genug daran.

Die neue Egalité

Wenn fast die Hälfte der wahlberechtigten Amerikanerinnen und Amerikaner nicht zu einer solch bedeutenden Wahl wie vor zwei Wochen gehen, dann können sie sich in ihrem Land nicht allzu wohl fühlen. Schuld daran ist vor allem das neoliberale Vorbeiregieren am Volk, welches weite Teile immer weiter wegtreibt von der Demokratie. Viele gehen einfach nicht mehr wählen, sie haben sich längst von der Demokratie abgewendet. Das macht sie aber lange nicht zu Extremisten. Ihnen ist es einfach egal, was passiert und wer in den nächsten vier Jahren das Sagen hat.

Genau auf diese Menschen kommt es aber an. Was für ein Wahlergebnis wäre wohl zu erwarten gewesen, hätten doppelt so viele Menschen abgestimmt als es tatsächlich der Fall war? Und in welch katastrophalem Zustand muss eine Demokratie sein, wenn es fast der Hälfte der Wahlberechtigten egal ist, dass ein narzisstisches, frauenverachtendes Trumpeltier noch vier Jahre Präsident sein kann?

Abgeschrieben

In Deutschland liegt die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen zwar deutlich höher, aber gut ein Viertel der Wählerinnen und Wähler haben bei den letzten Wahlen trotzdem auf ihr Votum verzichtet. Das kann unmöglich der Anspruch einer standhaften Demokratie sein. Und auch bei uns in Deutschland wählen die meisten Menschen nicht AfD, weil sie Rechtsextremismus, Diskriminierung und Nationalismus so geil finden, sondern weil ihnen dieser Aspekt der AfD schlicht und ergreifend egal ist. Die AfD ist für viele der letzte Strohhalm, der sie vor dem Nichtwählerlager bewahrt. Ihre fragwürdige Wahl muss doch alle demokratischen Parteien erschüttern: Nehmt uns endlich wieder mit, sonst wählen wir beim nächsten Mal gar nicht mehr.

Und jede verschenkte Stimme stärkt auch das Stimmgewicht für extremistische Parteien. Wenn sich zu viele Menschen von der Demokratie abwenden, dann haben gerade die Extremisten leichtes Spiel. Sie ködern die Leute, die abgehängt wurden und geben ihnen gleichzeitig das Gefühl, ganz besonders gute Demokraten zu sein. Und ganz plötzlich, und für alle völlig unerwartet, sind Szenarien wie Macron gegen Le Pen oder Trump gegen Biden möglich.

Besonders fatal an dem ganzen Schlamassel: Die Nichtwähler werden viel zu häufig ausgeblendet. Der Erfolg Bidens wird zu einem Sieg der echten Demokratie stilisiert, obwohl nur die Hälfte des Volks abgestimmt hat. Seit Jahren gibt es nur noch die einzig wahren Verfechter der Demokratie auf der einen Seite und das extremistische Gesocks auf der anderen. Unpolitisch zu sein, wird nicht mehr geduldet. Zu allem wird eine politische Haltung abverlangt. Ständig muss man aufpassen, nicht etwas zu sagen, mit dem man anderen auf die Füße tritt oder mit dem man ein politisches Statement abgibt. Auch das treibt viele weg von der Demokratie. Da hilft es auch nicht, das Stimmpotenzial dieser Menschen zu ignorieren. Gebt euch keine Mühe, sie abzuschreiben – sie sind es längst.


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