Fakten vercheckt

Lesedauer: 9 Minuten

Fast kein Polit-Talk kommt heute mehr ohne den Faktencheck aus. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Bei der Vielzahl kursierender „Fakten“ ist es selbst dem seriösesten Politiker manchmal nicht möglich, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden. Manche Politiker lügen sogar bewusst, um eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. Eine faktenbasierte Überprüfung solcher Behauptungen kann dabei helfen, Unwahrheiten schnell aufzudecken. Doch so hilfreich der sogenannte Faktenchecker im Einzelfall sein mag – seine Notwendigkeit ist Teil des Problems. Eine interessensgesteuerte Politik hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich viele Menschen von wissenschaftlichen Fakten entfernt haben und sich lieber die eigene Wahrheit zurechtbiegen. Es ist äußerst kurzsichtig zu glauben, der Faktenchecker allein könnte dieses Problem lösen.

2017 kürte die sechsköpfige Sprachjury die “alternativen Fakten“ zum Unwort des Jahres 2017. Lange im Rennen war auch der Begriff „Fake News“. Beide Schlagwörter greifen einen besorgniserregenden Trend der letzten Jahre auf. Über die sozialen Medien, private und öffentliche Chatgruppen und Foren im Internet kann heute praktisch jeder seine eigene Wahrheit verbreiten. Es handelt sich dabei aber oft schlicht um Meinungen, die mit klug gewählten Zahlen und Statistiken zum unumstößlichen Fakt umfrisiert wurden. Wer diesen gezielten Falschmeldungen mit seriösen wissenschaftlichen Erkenntnissen begegnet, wird häufig niedergebrüllt und zum gutgläubigen Mainstreamer herabgewürdigt.

Fake News per Mausklick

Es ist beinahe erstaunlich, dass sich das Phänomen „Fake News“ so lange Zeit gelassen hat, bevor es in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Sein wichtigstes Medium, das Internet, gab es schon Jahre bevor sich die Menschen über Donald Trump, Querdenker und Attila Hildmann geärgert haben. Es ist etwas passiert mit unserer Gesellschaft. Ob dafür nur die unbegrenzten Möglichkeiten des Internets verantwortlich sind, sei dahingestellt. Fakt ist, dass es nie so einfach war wie heute, der Welt seine Sicht auf die Dinge aufzuzwängen.

Wer sich früher die Mühe machen musste, ein kleines Podest auf dem örtlichen Marktplatz aufzubauen und die Elektrik in den Griff zu bekommen, bevor möglichst viele Menschen den weisen Worten lauschen konnten, der wird heute mit wenigen Mausklicks zur gefeierten Persönlichkeit in der virtuellen Welt. Auch den potenziellen Zuhörerinnen und Zuhörern wird es heute spielend leicht gemacht, sich den Ergüssen mancher Meinungsmacher auszusetzen und den eigenen IQ dadurch künstlich zu verringern. Das Internet bietet nicht nur unendliche Möglichkeiten, sondern auch ein fast unendliches Publikum.

Fakten gecheckt?

Die Politik und die herkömmlichen Medien bieten dieser Verbreitung von Falschinformationen mit Faktencheckern die Stirn. Sie möchten den arglosen Lesern, Zuhörern und an der Wahrheit interessierten dadurch die Möglichkeit geben, Fake New und unhaltbare Behauptungen schnell und sicher zu identifizieren. Besonders in Polit-Talks taucht in regelmäßigen Abständen ein Info-Banner zum Faktencheck ein. Wenn die Damen und Herren Politiker mal wieder wagemutig mit Prozentsätzen und Geldsummen jonglieren, sollen die eingeblendeten Informationen ihre Worte untermauern oder richtigstellen.

Auch in den sozialen Medien sind solche Faktenchecks mittlerweile Gang und Gäbe. Hin und wieder stolpert man über Kommentare, die als wenig vertrauenswürdig markiert wurden, weil sie einer faktenbasierten Überprüfung nicht standhalten können. Manche Beiträge verschwinden als Konsequenz daraus sogar ganz. Die Faktenchecker sind ein sinnvolles Werkzeug, um Lügen frühzeitig aufzudecken und der Verbreitung von Falschmeldungen einen Riegel vorzuschieben.

Computerbasierte Fakten

Trotzdem ist es nicht verantwortungsvoll, sich einzig auf den Output dieser häufig von Computern generierten Faktenprüfung zu verlassen. Denn jeder Sender ist eine eigene Instanz. Wenn sich ein zufällig ausgewählter Wutbürger dazu entschließt, seinem Unmut im Internet luftzumachen, dann ist das seine bewusste Entscheidung. Der Grat zwischen Meinung, Interpretation und Lüge ist oft ein sehr schmaler. Es müssen gute Gründe vorliegen, um das Gesagte durch eine weitere Instanz, einem Faktenchecker, als wahr oder unwahr deklarieren zu lassen. Denn auch solche Faktenchecker sind vor irreführenden Interpretationen nicht gefeit.

Bei der Vielzahl an veröffentlichten „Wahrheiten“ im Internet ist es natürlich nicht möglich, dass sich tatsächliche Personen mit jedem Kommentar und jedem Beitrag kritisch auseinandersetzen. Computer haben diese Aufgabe übernommen, bevor der Mensch hier überhaupt fußfassen konnte. Wir sollten uns sehr genau überlegen, wie weit wir dieser maschinell erzeugten Realität vertrauen möchten. So einfach es heute ist, Unwahrheiten zu verbreiten, so leicht ist es inzwischen auch, unliebsame Meinungen mit vermeintlichen Fakten in Misskredit zu bringen.

Kritisches Denken outgesourt

Besonders die Politik bot in den vergangenen Jahren oft Anlass dazu, Entscheidungen und Beschlüsse kritisch zu hinterfragen. Großspurige Wahlversprechen wurden kurz nach der Wahl wieder einkassiert, viele Weichenstellungen kamen gerade der Mittelschicht und Geringverdienern teuer zu stehen. Trotzdem hat sich zwischenzeitlich der Trend etabliert, Behauptungen und Meldungen nicht mehr kritisch zu hinterfragen. Die enttäuschenden Erfahrungen haben eher dazu geführt, dass vieles, was „von oben“ kommt pauschal als schlecht und schädlich abgestempelt wird.

Die Politik der großen Enttäuschungen – angefangen beim Ausbleiben der blühenden Landschaften im Osten über die Hartz-Gesetze bis hin zur nun doch kommenden Impfpflicht – hat viele Menschen fassungslos zurückgelassen und bei ihnen jede Glaubwürdigkeit verspielt. Umso empfänglicher sind sie für Fake News, die an und für sich durch wissenschaftlich fundierte Fakten widerlegbar wären. Die vorgeblichen „Fakten“ mit denen AfD, Querdenker und besorgte Bürger um die Ecke kommen, sind ebenfalls mit Zahlen unterlegt, die für ein Gefühl von Sicherheit und Korrektheit sorgen.

Auf der anderen Seite vertrauen viele Menschen zu sehr den verheißungsvollen Faktencheckern. Sie wissen genau, dass Fake News inzwischen eine ernstzunehmende Waffe in der politischen Auseinandersetzung geworden sind und möchten sich entsprechend dagegen schützen. Auch sie setzen sich mit der Materie nicht kritisch auseinander, wenn sie die Informationen aus den Faktencheckern zur obersten Wahrheit erheben. Sie verkennen dadurch den Stellenwert einer solchen Faktenüberprüfung, die auf der Suche nach der Wahrheit durchaus hilfreich sein kann, die Realität aber nicht immer 1:1 wiedergibt. Eine solche Handhabung gewöhnt kritisches Fragen eher ab als an.

Katalysator für Fehlentwicklungen

Viele Expertinnen und Experten sind sich einig, dass das Internet beim Phänomen Fake News nur eine Nebenrolle spielt. Das Medium der Neuzeit wäre zwar ideal zur schnellen Verbreitung von Falschmeldungen, aber nicht deren Ursache. Das stimmt soweit. Andere Faktoren müssen erfüllt sein, damit Menschen überhaupt ein Interesse daran haben, fehlleitende Halbwahrheiten zu verbreiten oder dafür empfänglich zu sein. Erwecken Politik und Wissenschaft über längere Zeit den Eindruck, unglaubwürdig und interessengesteuert zu sein, wenden sich viele Menschen solchen alternativen Fakten zu. Doch selbst wenn sich Politik und Forschung um das letzte bisschen Glaubwürdigkeit brächten, würden sich Falschmeldungen ohne Internet nicht so schnell verbreiten.

Das Internet spielt also sehr wohl eine wichtige Rolle bei diesem besorgniserregenden Trend. Es ist nicht Ursache aber Katalysator einer gesellschaftlichen Stimmung, die der Demokratie mehr und mehr schadet. In der virtuellen Welt kann sich jeder ein Forum für seinen Frust und seine Ablehnung erschaffen. Leidensgenossen können sich unheimlich schnell vernetzen und ihre Reichweite dadurch vergrößern. Ausgesprochen gut funktioniert das, wenn falsche politische Entscheidungen dafür gesorgt haben, dass sich möglichst viele Menschen angesprochen fühlen. In Zeiten des Internets rächt es sich besonders schnell, wenn sich Politiker eher Lobbyisten statt den Wählerinnen und Wählern verpflichtet fühlen.

Keine nachhaltige Lösung

Nicht immer ist diese Empörung und Resignation gerechtfertigt. Raffinierte Algorithmen sorgen aber dafür, das Frustrationslevel hoch zu halten und die Blase nicht zum Platzen zu bringen. Den mitunter unsachlichen und beleidigenden politischen Ergüssen im Internet versucht die Politik seit ein paar Jahren über strengere Kontrollen und Richtlinien beizukommen. Doch immer klarer wird: Werte wie Anstand und Moral oder ein Gespür für gewisse Gesprächskonventionen sind in der Anonymität des Internets kaum haltbar. Das Sperren bestimmter Inhalte und der fleißige Einsatz von Faktencheckern sind keine nachhaltigen Lösungen, weil sie zwangsläufige Folgen des Problems sind und die Gräben eher vertiefen.

Die Politik sollte lieber daran arbeiten, Fake News und Fehlinformationen die Grundlage zu entziehen. Gerade in Zeiten der Krise ist es wichtig, die Bedenken der Menschen ernstzunehmen und sie nicht pauschal zu Spinnern und Verschwörungstheoretikern zu degradieren. Das Ziel darf nicht sein, die Menschen zu belehren und ihnen die eigene Sicht der Dinge aufzuzwingen, sondern ihnen zuzuhören und einen Kompromiss zu finden, der für beide Seiten zufriedenstellend ist. Das Internet wird auch in Zukunft ein beliebtes Forum für Selbstdarstellungen und Inszenierungen sein. Entscheidend ist aber, wer das überzeugendere Bühnenprogramm auf die Beine stellt.

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Eine heile Welt

Lesedauer: 8 Minuten

Der Überfall des Osmanischen Reichs auf Großdeutschland hat begonnen. Zumindest könnte man das meinen, wenn man die Kommentare mancher Zuschauerinnen und Zuschauer der tagesthemen liest. Ein abartiges Spektakel hat sich ihnen kurz zuvor geboten: Da empfing sie Moderatorin Pinar Atalay an diesem Abend doch tatsächlich auf Türkisch. Die vielen negativen Reaktionen überraschen leider kaum noch jemanden. Sie sind trotzdem überaus aufschlussreich und offenbaren eine Weltsicht, in der für Fremdes kein Platz ist.

Hier kommt die Maus

Die Maus wird 50. Ein Grund zum Feiern könnte man meinen. Immerhin erklären Maus, Elefant & Co. den kleinen Fernsehzuschauerinnen und -zuschauern seit 50 Jahren, wie die Welt funktioniert. Die Kiddies erfahren, wie der Joghurt in den Becher kommt, wie ein Flugzeug gebaut wird oder wie man mit einem Dudelsack Musik macht. Ganz coronakonform finden die Feierlichkeiten hauptsächlich auf der Mattscheibe statt, einen großen Festakt gibt es leider nicht. Die ARD hat sich trotzdem einiges ausgedacht, um der Maus einen würdigen 50. Geburtstag zu bereiten.

Am 5. März beispielsweise sagte nicht die bekannte Frauenstimme die tagesthemen um Viertel vor 10 an, sondern Maus-Sprecher Armin Maiwald. Auch Moderatorin Pinar Atalay war nicht allein im Studio. Neben ihr stand eine digital eingefügte orangene Maus, natürlich mit dem charakteristischen Augenklappern. Und auch die Begrüßung von Atalay fiel an diesem Abend anders aus. Statt mit dem routinierten „Guten Abend, meine Damen und Herren“ hieß sie die Zuschauerinnen und Zuschauer dieses Mal auf Türkisch zu den tagesthemen willkommen.

Reflexartige Atemnot

Dieses liebevoll gestaltete Sonder-Intro schlug in den sozialen Medien und in den Kommentaren unter dem YouTube-Video sogleich hohe Wellen. Bestimmte Zuschauerkreise bekamen sogleich Schnappatmung, als es die Moderatorin wagte, die Zuschauer auf der Muttersprache ihrer Eltern zu begrüßen. Die gleichen empörten Zuschauer hätten vermutlich laut applaudiert, hätte man diesen Teil der Sonderbegrüßung weggelassen.

Doch durch diesen geringfügigen türkischen Input fühlten sie sich sofort persönlich angegriffen. Anstatt über dieses wertschätzende Gimmick zu lachen, reduzierten sie Moderatorin Pinar Atalay reflexartig auf das Fremde – was in ihrem Weltbild deckungsgleich mit dem Feindlichen zu sein scheint.

Die Verhaltensweise ist bekannt. Aus den Schubladen kommen Minderheiten nur schwer heraus. Sobald sie etwas tun, was eindeutig in diese Schublade gehört, werden alle anderen Charakterzüge ausgeblendet. Wenn sich zwei Männer auf offener Straße küssen, ziehen sie unter Garantie massenhaft Blicke auf sich. Mancheiner lässt sich auch zu beleidigenden Äußerungen hinreißen. Etwas ähnliches ist Pinar Atalay nun passiert. Ihr Name lässt schon nichts Gutes vermuten. Dass sie die Zuschauer nun tatsächlich auch auf Türkisch ansprach, empfinden manche als bodenlose Unverschämtheit. In ihrer naiven und einfältigen Sicht auf die Dinge, empfinden sie gleich ein Gefühl des Überranntwerdens.

Das Problem der Anderen

Unsere Gesellschaft geriert sich immer gerne als ganz besonders tolerantes Trüppchen. Das gilt in der Praxis dann aber nur, solange es die eigenen Belange nicht berührt. Nach jedem rassistischen Angriff, der in den Nachrichten kommt und nach jedem homophoben Übergriff ist das Entsetzen groß. Die meisten beeilen sich, der Opfergruppe absolute Solidarität zuzusichern und sich von den Taten zu distanzieren. Wie kann es dann sein, dass immer wieder solche Taten passieren, wenn die allermeisten doch so gut und tolerant sind?

Es ist ein Unding, dass sich besonders queere Jugendliche hilfesuchend an Gruppen und Beratungszentren wenden müssen, weil sie im Alltag massiv diskriminiert werden oder ihre Eltern sie sogar rausgeschmissen haben. Das Argument „Mir doch egal, solange sie es nicht vor meinen Augen machen“ erhält hier eine ganz neue Dimension.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Genau davor haben viele Menschen Angst: Dass sich Minderheiten an die Oberfläche trauen, dass sie so leben, wie sie leben möchten und – mit Abstand am schlimmsten – dass sie ihre Rechte einfordern. In den Köpfen vieler Menschen spukt noch immer die Überzeugung herum, dass es vollkommen ausreicht, Minderheiten zu dulden. Mehr ist definitiv nicht verhandelbar. Die Einforderung von Rechten wird als unverschämt interpretiert.

Das war bei vielen Minderheiten schon immer so und bei manchen ist es bis zum heutigen Tage so. Die Arbeitskraft der Gastarbeiter nach dem Zweiten Weltkrieg war eine bequeme Entlastung und hatte maßgeblichen Anteil am schnellen Wirtschaftsaufschwung. Völlig akzeptiert waren diese Arbeiterinnen und Arbeiter aber nie. Viel mehr wurden diese Menschen als Störfaktor in einer Welt verstanden, welche die Gastarbeiter doch eigentlich gar nicht mehr nötig hat. Die oberflächliche Dankbarkeit von gestern schwang in den offenen Hass von heute um. Menschen wie Pinar Atalay bekommen ihn zu spüren, wenn sie es wagen, auch nur für einen kurzen Moment aus der Reihe zu tanzen.

Bei der Ehe für Alle verhält es sich ähnlich. Natürlich werden Schwule und Lesben geduldet. Aber die gleichen Rechte für diese Menschen? No way. Es ist ein gutes Zeichen, dass sich die Mehrheit zwischenzeitlich trotzdem für die Einführung queerer Eheschließungen ausgesprochen hat.

Recht auf Rechte

Gleiche Rechte stellen Minderheiten immer auf die gleiche Stufe wie die Mehrheit. Für viele ist das ein Problem. Minderheitenrechte entziehen ihnen eine für sie wichtige Berechtigung, die anderen an der kurzen Leine zu halten. Wie nach Gutsherrenart nehmen sie für sich in Anspruch, darüber entscheiden zu können, wer welche Rechte erhält. Es darf bei Minderheiten aber nicht um die Gewährung irgendwelcher Rechte gehen. Diese Rechte stehen jedem Menschen zu, egal ob das anderen passt oder nicht.

Die Vorenthaltung mancher Rechte ist eine Sache. Sie legitimiert aber auch immer Diskriminierung – zumindest in den Augen der Aggressoren. Vielfach äußert sich das in beleidigenden Äußerungen. Diese verbalen Angriffe sagen allerdings mehr über den Täter und dessen Selbstwertgefühl aus als über das Ziel der sinnlosen Aggression.  Diesen Menschen mangelt es nicht nur an Selbstvertrauen. Sie zweifeln auch an der Standfestigkeit der eigenen Wahrheit, der eigenen Kultur und ihrer gewohnten Umgebung. Ständig rechnen sie mit einem Angriff, der ihre heile Welt ins Wanken bringt. Ein Dialog mit anderen Kulturen auf Augenhöhe ist mit solchen Leuten nicht möglich.

Sie dümpeln lieber in ihrer trostlosen Realität vor sich her, wo die kleinste Banalität ein Erdbeben auslösen kann. Diese persönliche Schwäche ist allumfassend. Sie beschränkt sich nicht nur auf die Angst vor dem Verlust der eigenen Sprache und Kultur, wenn die tagesthemen ausnahmsweise mal etwas anders beginnen. Auch die eigene Sexualität fällt den Minderwertigkeitskomplexen dieser Leute zum Opfer.

Wenn Freiheit fremd ist

Im Umgang mit schwulen Männern lassen viele heterosexuellen Zeitgenossen oft den Spruch fallen: „Solange er nichts von mir will.“ Warum denn eigentlich nicht? Was wäre so schlimm daran? Wäre das nicht sogar der Beweis für die eigene Attraktivität? Man müsste sein Gegenüber natürlich vor den Kopf stoßen, den anderen eventuell verletzen. Aber darum geht es solchen Machos nicht. Die Homosexualität anderer Männer gereicht ihnen bestenfalls zum Zweifel an ihrer eigenen Heterosexualität.

Anscheinend haben solche Typen auch ein grotesk falsches Bild von Schwulen. Sie scheinen ernsthaft zu glauben, dass diese sie jederzeit in einen Hinterhalt locken, sie vergewaltigen und sie dadurch ihrer heiligen Heterosexualität berauben könnten. Ähnlichen Argwohn geben sie anderen Minderheiten zu spüren. Pinar Atalay sprach in der Sprache eines anderen Kulturkreises zu ihnen. Welch hinterlistiger Angriff! Nun müssen sie alles tun, um sich vom Verdacht der türkischen Indoktrination reinzuwaschen.

Die türkische Sprache ist diesen Menschen fremd. Die islamische Kultur ebenso. Vielen wahrscheinlich auch die Vorzüge der orientalischen Küche. Und das ist an sich überhaupt nicht schlimm. Es ist nicht schlecht, manche Dinge nicht zu kennen. Sich so konsequent neuen Eindrücken zu entziehen und immer dichtzumachen, sobald sich das Fremde nähert – das ist nicht gut. Solche Menschen leben in einer Blase, in der sie nie die Gelegenheit haben, frei zu sein und Neues zu erleben. Bis die Blase eines Tages platzt…

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