Kanzlerin 4 Ever

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Die Umfragewerte der CDU rauschen seit Wochen in den Keller. Kanzlerkandidat Armin Laschet vermochte es bislang nicht, seiner Partei den erhofften Neuanstrich zu verpassen. Neben seinen beiden Konkurrenten Annalena Bearbock und Olaf Scholz sieht der nordrhein-westfälische Ministerpräsident blass aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel sah sich daher zu einem rigorosen Schritt veranlasst.

Paukenschlag im politischen Berlin: Nachdem die Umfragewerte ihrer Partei seit Wochen ins Bodenlose fallen, meldet sich nun Angela Merkel zu Wort. Die Bundeskanzlerin hat die Faxen dicke. Sie will nun doch wieder für das Kanzleramt kandidieren. Mit dem überraschenden Schritt möchte sie ihrer Partei ein ähnliches Schicksal wie der SPD ersparen. Durch völlig deplatzierte Kanzlerkandidaten hatte sich diese Partei nämlich in den vergangenen Jahren zuverlässig zum Gespött gemacht.

Wackelige Thronfolge

Die kurzfristige Kandidatur hat durchaus ihre Logik. Immer wieder hatte die nun doch nicht scheidende Kanzlerin versucht, ihre Nachfolge zu regeln. Sie erlitt damit fürchterlichen Schiffbruch: Die angedachte Kronprinzessin Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte ihren Rücktritt vom Parteivorsitz bereits gut ein Jahr nach Amtsantritt an. Nur die Coronapandemie hielt die Saarländerin künstlich auf diesem Posten, ehe sie Anfang 2021 endgültig von Armin Laschet abgelöst wurde.

Dieser plantschte danach genüsslich in verschiedenen Fettnäpfchen und beschert seiner Partei seitdem ein regelrechtes Umfragefiasko. Der ehemalige Kanzlerkandidat der Herzen, Markus Söder, ist ebenfalls nur noch ein Schatten seiner selbst. Nach einem fragwürdigen Kurs in der bayrischen Coronapolitik und einem entfesselten Richtungsstreit mit seinem Stellvertreter Aiwanger steht auch der Sunnyboy der CSU nicht mehr zur Debatte. Die Umfragewerte der süddeutschen Provinzpartei sinken derzeit ebenfalls in den Keller.

Kein Wahlkampf mit Merkel

Dieses Trauerspiel konnte sich Merkel nun nicht mehr länger ansehen. Über ihren Pressesprecher ließ sie mitteilen, dass sie sich auf einem Sonderparteitag von CDU und CSU am 25. September zur Kanzlerkandidatin wählen lassen wolle. Sie rechne dabei mit einer Zustimmung von um die 95 Prozent. Der Termin fällt auf den Samstag vor der Bundestagswahl und ist damit der späteste Zeitpunkt für Merkel, noch während des Wahlkampfes in die Kandidatur einzusteigen.

Wahlkampfauftritte mit Merkel als Kanzlerkandidatin der CDU sind nicht geplant. Einerseits ist dazu die Zeit zu knapp, andererseits ist sie auch bei vergangenen Bundestagswahlen fast ohne Wahlkampf vergleichsweise gut weggekommen. Ihre Konkurrenz kommt ihr dabei einen großen Schritt entgegen. Sowohl Annalena Baerbock von den Grünen als auch der SPD-Kandidat Olaf Scholz erklärten sich bereit dazu, auf ihre eigene Kanzlerkandidatur zu verzichten. Anscheinend ist den beiden mit Angela Merkel die Konkurrenz zu groß geworden.

Besonders Olaf Scholz hatte in den vergangenen Wochen enorm von der fehlenden Eignung seiner Mitbewerber profitiert. Das Machtvakuum, das Merkel in der CDU hinterlassen hatte, war schlicht zu groß, um es mit einem kleinen Mann wie Armin Laschet zu füllen. Die Aussichten auf einen schnellen Einzug ins Kanzleramt hatten sowohl Baerbock als auch Scholz sodann begraben. Stattdessen möchten die beiden nun um das Amt des Vizekanzlers konkurrieren.

Nach aktuellen Umfragewerten können sich beide zurecht Hoffnungen auf diesen Posten machen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sowie einige private Fernsehsender sind prompt auf diesen Zug aufgesprungen. Sie werden wenige Tage vor der Wahl ein TV-Duell der etwas anderen Art präsentieren: In der für den 16. September geplanten Sondersendung „2. Reihe“ treffen erstmals nicht zwei Kanzlerkandidaten aufeinander, sondern zwei Vizekanzlerkandidaten. Im Gespräch ist momentan erneut ein Triell, weil sich auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner vorsichtige Hoffnungen auf den begehrten Platz direkt neben Merkel macht.

Ersehntes Comeback

Die Reaktionen auf die erneute Kandidatur von Angela Merkel sind gemischt. Im ZDF-Politbarometer sind ihre Zustimmungs- und Beliebtheitswerte zum ersten Mal seit Monaten gestiegen. Aufgrund ihres enormen Abstands zum Zweitplatzierten hatte sie ihren ersten Platz zwar nie eingebüßt, aber viele Menschen äußern sich nun wieder äußerst wohlwollend über die alte neue Kanzlerin.

So heben viele Befragte Merkels Gelassenheit und ihre diplomatische Stärke hervor. Andere betonen die Teekesselwärme, die bei Merkels Regierungsstil zwangsläufig aufkomme. Weniger erfreut zeigten sich dagegen die zahlreichen Demonstranten, die sich bereits vor dem Kanzleramt postiert hatten. Ihre Schilder mit Aufschriften wie „Laschet muss weg“ und „Merkel muss zurück“ sind über Nacht praktisch wertlos geworden. Auch eine Kundgebung gegen Armin Laschet am kommenden Wochenende musste abgesagt werden.

Ein todsicherer Posten

Die im Bundestag vertretenen Parteien äußerten sich ebenfalls zwiespältig zu Merkels Entschluss. Während sich die Grünen auf eine stabile Regierung und einen verlässlichen Koalitionspartner freuen, sieht besonders Die Linke ihren Oppositionsauftrag bestätigt. Anders verhielt sich die AfD. Vor den Kameras monierte die Parteiführung die fortgesetzte Kanzlerschaft von Angela Merkel, hinter den Kulissen sollen nach internen Dokumenten allerdings die Sektkorken geknallt haben. Offenbar war man bei den Rechtspopulisten froh darüber, dass die eigene Geschäftsgrundlage nicht verlorengeht.

Der zurückgepfiffene Kanzlerkandidat Armin Laschet möchte trotz der Niederlage weiter für den Bundestag kandidieren. Laut Aussage mehrerer seiner Parteifreunde spekuliert er inzwischen auf einen wichtigen Posten im Krisenstab von Merkels künftigem Kabinett. Er soll dort mit der Leitung der Abteilung Krisenkommunikation und -management betraut werden.

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