(K)ein Win-Win

Lesedauer: 5 Minuten

Sie ist klein, sie ist handlich, sie ist praktisch. Und angeblich bringt sie wahres Geld. Die Rede ist von der Payback-Karte. Im Einzelhandel hat sie sich lange etabliert. Schließlich hat doch jeder diesen einen Freund oder diese eine Freundin mit der PayBack-Karte, die bei jedem Einkauf bereitwillig von sich gestreckt wird. Doch hält das Bonusprogramm, was es verspricht? Lohnt sich eine PayBack-Karte überhaupt? Ein Kommentar.

Das Prinzip „PayBack-Karte“

Haben Sie eine Payback-Karte? Diesen Satz hat bestimmt jeder von uns schon einmal gehört. Genau so routiniert wie der Kassierer danach fragt, winken manche gewohnheitsmäßig ab. Viele andere wiederrum präsentieren beinahe stolz die kleine Karte. Fakt ist: Die Payback-Karte ist aus dem deutschen Einzelhandel nicht mehr wegzudenken. Über 30 Millionen deutsche Kunden sind im Besitz des bunten Plastikchips. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von fast 37 Prozent. Da ist es also kein Wunder, dass das Kassenpersonal förmlich geschult wird, nach der Payback-Karte zu fragen.

Doch was kann man mit dieser hippen Geld-zurück – Karte eigentlich anfangen? Wie funktioniert sie? Das Prinzip ist kinderleicht: Ab einem Warenwert von 2 Euro bekommt man Payback-Punkte auf sein Konto gutgeschrieben. Nur wenige Waren sind von der Aktion ausgeschlossen. Dies sind im wesentlichen Tabakwaren, Umsätze aus Vermittlungsgeschäften (z. B. Handyguthaben) oder das Getränkepfand. Erreicht das Payback-Konto einen gewissen Stand, so kann man die Punkte in Einkaufsgutscheine umwandeln. Es ist schon verlockend: Supermärkte wie REWE, Kaufland oder Edeka, aber auch namhafte Schuhgeschäfte und sogar Tankstellen belohnen die Treue ihrer Kunden mit großzügigen Gutscheinen.

Vom ersten Supermarkt zur PayBack-Karte

Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Nur augenscheinlich werden hier generös Bonbons verteilt. Tatsächlich beruht das System „Payback-Karte“ auf einer Methode, die sich consumer working nennt. Der Ansatz ist nicht neu: Ab den 1950ern lockten die neuen Supermärkte und verdrängten den Tante-Emma – Laden zunehmend. Anstatt ihre Wünsche zu äußern, griffen Kunden nun selbst ins Regal. Klingt banal, ist aber Arbeit, die fortan vom Kunden verrichtet wird. Einige Jahrzehnte später ist der nächste Coup gelungen. Warum den Einkauf nicht mit einer statistischen Erhebung zum Kaufverhalten verbinden? Dauert auch nur ein, zwei Sekunden und schwupps! ist der Inhalt des Einkaufswagens nicht mehr nur Sache zwischen Kunde und Kassierer.

Im Endeffekt verrichtet der Kunde hier Arbeit, die früher Aufgabe von mehreren Menschen war. Im Gegenzug erhält der Kunde Vergünstigungen auf seine Waren. Fairer Lohn für gute Arbeit also. Einkaufen und dabei noch Geld verdienen – eigentlich ein Geniestreich.

Der gläserne Mensch

Doch wie sieht eine solche Einkaufsanalyse á la Payback-Karte eigentlich aus? Denn nicht nur Waren und deren Preise sind interessant. Auch persönliche Daten wie Alter, Geschlecht und Wohnort gibt die Payback-Karte an die Wirtschaft weiter. So lässt sich ein genaues Einkaufsschema ganzer Regionen, aber auch von Einzelpersonen ausmachen. Das geht sogar so weit, dass bestimmte Algorithmen auf Lebensverhältnisse und -umstände schließen können. Doch nicht nur die Erstellung von Kaufanalysen steht im Vordergrund. Unternehmen und Händler wollen den Kunden viel mehr dauerhaft an sich binden.

Schlüsselelement sind dabei die Prämien, die den Kunden winken. Warum soll ich als Kunde woanders einkaufen, wenn ich hier attraktive Prämien erhalte? Für viele Kunden spielt es dabei kaum eine Rolle, dass sie erst 400 Euro vorschießen müssen, um mit einem Gutschein von 2 Euro belohnt zu werden. Dies entspricht einem Verhältnis von 200:1. Ein Kunde muss also zunächst zweihundertmal einkaufen gehen, um in den Genuss eines einzigen Gratiseinkaufs zu kommen. Man übertrage dieses Verhältnis von Leistung und Belohnung auch gerne einmal auf den Arbeitsmarkt. Wie schnell würde hier wohl von Ausbeutung gesprochen werden?

Die Zahlen erreichen allerdings eine noch schwindelerregendere Dimension, schaut man sich die Prämien an, die PayBack selbst an seine Getreuen verscherbelt. Für alltägliche Gebrauchsgegenstände wie Bügeleisen, Kochtöpfe und Haartrockner müssen Kunden einen Punktestand im vierstelligen Bereich vorweisen. Zur Erinnerung: Ein PayBack-Punkt ist gerade einmal einen Cent wert. Nicht selten werden hier also Alltagsgegenstände nicht nur mit einem zünftigen Daten-Striptease, sondern mit tausenden von Euros erkauft.

PayBack wirkt

Und die Kunden? Den meisten scheint das egal zu sein. Viel eher raunzen einige von ihnen den Kassierer an, sollte er vergessen haben, die heilige Karte über den Scanner zu ziehen. Wollen sie trotzdem nicht auf die großzügige Punkteausschüttung verzichten, müssen sie die Punkte nachtragen lassen – vor Ort oder online. Dass sie bei solchen Vorgängen immer wieder nach ihrem Geburtsdatum gefragt werden, stimmt selbst hier nur die wenigsten argwöhnisch. Immerhin geht es um die Identifikation als Kunde. So gaukelt PayBack seinen Kunden ein hohes Maß an Sicherheit und Vertraulichkeit vor, obwohl es genau weiß, dass du dir neulich die kuschelige Daunenbettwäsche gekauft hast. Steht auch alles in den AGBs drin. Aber wer liest die denn bitteschön?

Gut genug?
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2 Gedanken zu „(K)ein Win-Win“

  1. Hallo lieber Jens!
    Ich erinnere mich, dass wir bereits über die Payback-Karte gesprochen haben. Ich besitze selbst eine. Und ich nutze sie auch, hauptsächlich beim dm. Und ich habe das Gefühl, dass es sich lohnt. Ich kaufe sowieso regelmäßig dort ein, ich sammle Punkte (ein Punkt entspricht übrigens einem Euro) und mit den Sonderheftchen kann man sogar extra Punkte abkassieren. Und so habe ich nach einer gewissen Zeit genug Punkte, um damit meinen Einkauf beim dm zu zahlen. Und weil ich so raffiniert bin, hat Paback auch nicht meine Adresse, sondern die meines Elternhauses. Was sagt das denen jetzt über mein Einkaufsverhalten? Wieso fährt sie so weit, nur um Toilettenpapier zu kaufen? Ist es dort besser? Weicher?
    Wenn ich so über Payback nachdenke, regt es mich am allermeisten auf, wenn es eine Aktion gibt, bei der man seine Punkte einlösen kann und dafür irgendeinen Prozentsatz Punkte wieder gutgeschrieben bekommt. Das gibt es regelmäßig und lohnt sich nicht wirklich. Es verzögert nur den Bezahlprozess, weil jede Omi an der dm-Kasse erklärt bekommt wie sinnvoll das jetzt wäre und sie sich dann nach langem Überlegen entschließt ihre Punkte doch einzulösen. Aber nun gut, das ist wohl ein anderes Thema.
    Hochachtungsvoll,
    Mäkla

    1. Liebes Mäkla-Mobil 😉

      Durch Einlösen von bestimmten Coupons (z. B. 100-fach – oder sogar 1.000-fach – Punkte) kann man tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass sich das Programm lohnt. Allerdings scheint es eher so, als ob diese Sonderheftchen eher die Regel als die Ausnahme sind. Besonders sind sie also nicht.
      Und nicht jeder geht so distinguiert an die Sache ran wie du. Ich erlebe regelmäßig, wie manche Menschen heillos damit überfordert sind, die Punkte nachzutragen. Das beginnt schon bei der Eingabe des eigenen Geburtsdatums. Nach dreimaliger Falscheingabe fällt manchen noch immer nicht ein, dass sie die Karte ja auf den werten Gatten angemeldet haben. Zugegeben, ein eher banales Beispiel, aber ich stehe einer solchen Kopflosigkeit im Umgang mit Daten sehr skeptisch gegenüber. Hauptsache einen Gewinn abstauben und sei er noch so gering.
      Übrigens ist dm bei der Punktevergabe eine Ausnahme. Die Punkte sind dort tatsächlich doppelt so viel wert wie bei anderen Geschäften. dm ist übrigens ein gutes Stichwort, dazu fallen mir gerade auch sehr viele Sachen ein 😉

      Hochachtungsvoll,
      Der Hagere

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