Bürgertagswahl 2021 (Teil 1) – Begrenzung von Abgeordnetenzeiten

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Die linke Sammlungsbewegung aufstehen hat es sich zum Ziel gesetzt, die anstehende Bundestagswahl zu einer Bürgertagswahl zu machen. Die Stimmen und Wünsche aus der Bevölkerung sollen in der Politik wieder mehr Gewicht haben. Dazu können alle Menschen auf der digitalen Plattform Consul derzeit Vorschläge einbringen, darüber abstimmen und diskutieren. Manche Engagierte möchten nun die Amtszeit von Abgeordneten begrenzen, um Korruption und Seilschaften vorzubeugen. Ich finde allerdings, dass diese Forderung im Kampf gegen Bestechlichkeit zu kurz greift und ihr Ziel teilweise verfehlt.

Es liegt auf der Hand, dass gegen Korruption und Seilschaften in der Politik dringender Handlungsbedarf besteht. Ich halte eine Begrenzung der Abgeordnetenzeiten allerdings nicht für zielführend, dieses Problem zu lösen. In manchen Punkten kann diese Deckelung sogar kontraproduktiv sein.

In einer Demokratie gilt in erster Linie der Wille des Volkes. Leistet ein Abgeordneter gute Arbeit und möchten die Wählerinnen und Wähler ihn gerne länger im Bundestag sehen, so spricht grundsätzlich nichts dagegen. Eine Begrenzung der Amtszeit bevormundet die Wähler aber, weil sie keine Möglichkeit mehr haben, dem Mandatsträger erneut das Vertrauen auszusprechen. Es muss ausschließlich von den Wählerinnen und Wählern abhängen, ob und wie lange sie eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter im Parlament vertritt.

Außerdem kann sich eine generelle Begrenzung der Mandatszeit negativ auf die Innovationskraft eines Parlaments auswirken. Die Abgeordneten könnten die letzte Amtszeit der Kanzlerin oder des Kanzlers tendenziell aussitzen, da ein Wechsel in Sicht ist. Erst im Wahlkampf müsste dieser Wechsel erkämpft werden. Die Abgeordneten hätten in ihrer letzten Amtsperiode zudem keinen Anreiz, sich sonderlich anzustrengen, da ihre Wiederwahl von vornherein ausgeschlossen ist. Schlechterdings werden sie diese letzte Amtszeit nutzen, um sich nach neuen lukrativen Entfaltungsmöglichkeiten umzusehen. Korruption und Seilschaften wäre hier Tür und Tor geöffnet.

Solche Regelungen spornen außerdem latent dazu an, sie zu unterwandern. Es ist nicht auszuschließen, dass einzelne Abgeordnete nach Mitteln und Wegen suchen werden, ihre Amtszeit über Umwege zu verlängern. Es gibt dazu Beispiele aus Ländern, in denen eine solche Regelung gilt. Wladimir Putin beispielsweise hat jüngst eine Verfassungsänderung durchgedrückt, die ihn bis mindestens 2036 an der Macht hält. Es ist die Aufgabe einer wehrhaften und aktiven Demokratie solchen Entwicklungen vorzubeugen. Wer wirklich gegen Korruption unter Abgeordneten vorgehen will, der sollte lieber auf strenge und transparente Lobbyregister setzen, anstatt einen ständigen Wechsel zu erzwingen, der unter Umständen gar nicht nötig ist.

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